Wenn ich mich morgens zur Meditation
auf den Schemel setze, dann stelle ich, nachdem ich eine Kerze
angezündet habe, auf dem Handy die Weck-Zeit ein. Nach einer halben
Stunde will ich die Gebetszeit beenden, ohne zwischendurch auf die
Uhr schauen zu müssen. Lange Zeit habe ich das Smartphone
hauptsächlich für diesen Zweck verwendet. Und im Zusammenhang damit
auch „verschmutzt“. Denn wenn ich am Ende der Gebetszeit die
Kerze ausblase, dann drücke ich – als ehemaliger Mesner und
„Kerzenpfleger“ - den weichen Wachsrand ein, damit die Kerze
schön herunter brennt. Manchmal passiert es dann, dass ich noch ein
wenig Wachs an den Fingern habe, wenn ich die Weck-Zeit im Smartphone
wieder lösche.
Nachdem ich das Smartphone nicht
ständig bei mir trage, kommt es durchaus vor, dass ich beim
Einschalten die ein oder andere WhatsApp-Nachricht angezeigt bekomme.
Im Normalfall geht meine morgendliche Selbstdisziplin so weit, dass
ich diese nicht lese, bevor ich mit dem Gebet beginne, sondern
gegebenenfalls danach. Neulich sah ich jedoch, dass eine Nachricht
von Sr. Ewa angekommen war, mit der ich am Abend zuvor noch
„ge-whatsappt“ hatte. Und da hat die „Selbstdisziplin
ausgesetzt“ und ich las... Und fühlte mich dadurch so in die
Gegenwart Gottes versetzt, dass ich gleich mit Ewas Nachricht ins
Gebet ging...
Was hatte Ewa geschrieben? Dazu muss
ich kurz die Hintergründe erläutern. Ewa ist Regionaloberin ihrer
Gemeinschaft (der Anbeterinnen des Blutes Christi) in Polen. Als
solche reiste sie vor einigen Wochen noch nach Weißrussland, um ihre
Mitschwestern dort zu besuchen. Das war gerade die Zeit, als Corona
ausbrach. So gestaltete sich auch Ewas Rückweg schwierig. Ich meine,
sie musste zunächst 48 Stunden am Moskauer Flughafen verbringen und
danach war sie froh, irgendeinen Flug zurück nach Breslau zu
bekommen. Dort angelangt, begannen für sie zwei Wochen strenge
Quarantäne. Tatsächlich kam die Polizei jeden Tag kontrollieren und
wollte die Schwester von der Straße aus am Fenster ihres Zimmers
sehen, das sie nicht verlassen durfte. Wobei Ewa meinte: „die sind
aber nett, die fragen mich auch, ob ich etwas brauche, das sie mir
bringen können!“.
Nach Beendigung der Quarantäne-Zeit
ging Ewas Corona-Geschichte in anderer Form weiter. Ein paar
Schwestern der Gemeinschaft arbeiten in einem Seniorenheim in der
Gegend von Warschau, welches – soweit ich richtig verstanden habe –
eine Pfarreistiftung als Träger hat. Ziemlich das ganze Personal des
Hauses war Corona-infiziert. So dass sich Ewa mit zwei Mitschwestern
auf den Weg machte, um in diesem Haus zu helfen, einzuspringen: in
der Pflege der alten Menschen. Ein Foto habe ich gesehen: Ewa mit
Atemschutzmaske und Gummihandschuhen am Bett einer Seniorin.
Und so fragte ich sie, nachdem sie mir
einen aufbauenden Musik-Video-Clip („Hosanna in the highest“)
aufs Handy gesandt hatte, wie es ihr gehe, und ob sie noch im
Altenheim sei. Und am Morgen darauf las ich dann ihre Antwort: „ja,
ich bin noch dort. Das ist eine gute Erfahrung für mich. Diese
Exerzitien sind noch besser als diejenigen in meinen zwei Wochen
Quarantäne in Breslau. Das Personal ist gesundet und kehrt langsam
in die Arbeit zurück, aber zwei Schwestern brauchen noch etwas
Erholung. So bleibe ich noch bis zum 1. Mai“.
Das war Ewas Nachricht, die mich mit
großer Dankbarkeit erfüllte und die ich ins Gebet nahm. Mit dem
Wunsch, selbst auch so zu leben, dass andere Menschen dadurch
womöglich eine Ahnung der Gegenwart Gottes bekommen. Die sich im
Alltäglichen zeigt...
Und im Idealfall Gottes Gegenwart auch
in anderen Umständen zu entdecken, wahr nehmen zu können.
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