Beim letzten Mal habe ich von der
Rückfahrt von Augsburg erzählt. Aber auch der Aufenthalt in der
Stadt ist aus mehreren Gründen berichtenswert. Einen Grund wähle
ich für heute aus.
Am Hauptbahnhof angekommen,
schlenderten wir von dort aus in Richtung Königsplatz. Und da stand
an einer Hausecke der Harlekin. Schon öfter hatte ich ihn dort
stehen gesehen auf einem Plastikschemel in seinem
gelb-blau-grün-roten Gewand mit der passenden Mütze. Während ich
ihn immer nur freundlich gegrüßt hatte, zog Sr. Ewa diesmal ihre
Geldbörse und warf ihm etwas in seine Blechbüchse. Der Harlekin
bedankte sich, tief verbeugend und winkend. Wir waren schon weiter
gegangen, drehten uns noch einmal um, und da machte er auch noch ein
Kreuzzeichen – wohl im Hinblick auf Sr. Ewa und Sr. Tatiana, die
beiden Ordensfrauen in Tracht.
Ein wenig weiter kam dann ein etwas
verwahrlost aussehender, bärtiger Mann im dicken Mantel humpelnd auf
uns zu und hielt uns seinen Becher bettelnd unter die Nase. Sr. Ewa
fragte ihn, ob er etwas zu essen wolle. Nachdem sie die Frage zweimal
wiederholt hatte, nickte der Mann und Sr. Ewa bat Sr. Tatiana, den
von zu Hause mitgenommenen Reiseproviant auszupacken. Der Mann bekam
ein belegtes Brot und etwas Obst und zog weiter.
Eine weitere Begegnung mit einem
ähnlich aussehenden Zeitgenossen gab es, als wir mittags im
Frühlingssonnenschein bei einer Pizza im Freien saßen. Der Mann –
ähnlich gekleidet wie der vorher Beschriebene, aber etwas jünger –
näherte sich uns mit seinem Becher und bat, ihm dort etwas hinein zu
werfen. Und wiederum fragte Sr. Ewa, ob er denn etwas zu essen wolle,
wobei sie gleich auf die Pizza auf dem Teller vor sich deutete. Als
der Mann bejahte, machte sich Sr. Ewa ans Werk und schnitt ein großes
Teil ihrer Pizza ab, um es dem Mann zu geben.
Hatte ich mich bisher immer gefragt,
wie Papst Franziskus das meint, wenn er sagt, man solle einem Bettler
nicht nur etwas in seine Bettelbüchse werfen, sondern ihn auch
anschauen, ihn vielleicht sogar berühren, so hatte ich das an diesem
Tag ganz praktisch erlebt. Wobei das bei Sr. Ewa einen ganz
natürlichen Eindruck machte, nicht etwa „das gute Werk einer
Ordensfrau“, sondern das Teilen unter Geschwistern. Wohltuend!
Vor kurzem hatte ich sie schon einmal
so erfahren, als wir miteinander einkaufen waren und eine junge Frau,
wohl eine Rom oder Sinti, uns dabei bat, den Fisch zu bezahlen, den
sie gerade aus der Tiefkühltruhe genommen hatte. Sr. Ewa verhandelte
etwas mit der jungen Frau, fragte, ob wir nicht etwas anderes,
weniger Teures, bezahlen könnten. Aber die junge Frau blieb beim
Fisch und schließlich gab Sr. Ewa nach. Vermutlich wäre ich allein
nicht so großzügig gewesen, aber ich freute mich an Sr. Ewa.
Und ich bringe das mit Ostern in
Verbindung, dem neuen Leben, das der Auferstandene vom himmlischen
Vater geschenkt bekommt und weiter schenkt. Immer gibt er sein
Leben...
Vielleicht ist das so wie mit der
Pflanze in unserem Wohnzimmer. Neulich kam ich hinein und sie sah
ganz armselig aus: die Blätter hingen welk nach unten, völlig matt
und kraftlos. Schnell wurde mir klar: Ines hatte eine Woche Urlaub,
Sr. Yvonne ist in Reha und durch meinen Krimi-Verzicht in der
Fastenzeit kam ich auch tagelang nicht in dieses Zimmer. Also nahm
ich schnell die Pflanze zum Waschbecken und versorgte sie kräftig
mit Wasser. Nachdem ich das zweimal getan hatte. fingen die Blätter
an, sich aufzurichten, fast zuschauen konnte man dabei. Neues Leben!
Frohe Ostern!
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