Samstag, 1. Dezember 2012

Wehwechen...

Gerade komme ich heim von einem Seminar mit dem Titel „Berufungscoaching“. Von anderen Teilnehmerinnen bekam ich ein paar nette Komplimente („du scheinst ganz in dir zu ruhen“), die mich an Ähnliches erinnerten – offenbar mache ich (komisch!) öfter solch einen Eindruck.

Klar erinnert man sich, wenigstens ich mich, gerne an eine Person, die einem so etwas sagt. Eine alte Dame im Altenheim St.Irmengard in Traunstein, wohin ich während meiner Zeit in dieser Stadt mittags zum Essen ging, sagte mir Vergleichbares. Meist betrat ich den Speisesaal, nachdem die Bewohner des Hauses schon gegessen hatten und gegangen waren. Besagte alte Dame saß aber oft noch dort und wartete darauf, abgeholt zu werden.

Sie war nämlich gestürzt und hatte sich dabei das Handgelenk gebrochen. Das ließ für sie auch das Gehen mit dem Rollator schwierig werden und so zog sie es vor, sich von einer Angestellten des Heimes nach der Mahlzeit abholen und in ihr Zimmer begleiten zu lassen. „Auf welche Weise haben Sie sich denn Ihr Handgelenk gebrochen?“ fragte ich sie. „Ach wissen Sie, ich kam gerade aus dem Bad, als eine Altenpflegerin zu mir ins Zimmer kam, etwas schnell. Ich ging einen Schritt zurück, dabei stolperte ich und da passierte es eben. Vielleicht wäre es nicht geschehen, wenn die Pflegerin etwas langsamer gewesen wäre, aber die haben ja auch so einen Stress, ich verstehe das ja“, so erklärte sie mir lächelnd. Kein böses Wort, keine Vorwürfe jemandem gegenüber, keine Klage, eher Verständnis für die Situation der anderen – ich erlebte die alte Dame auch sonst immer aufgeräumt und zufrieden. Wahrscheinlich stimmt das so mit ihrer Lebenseinstellung überein, nicht nur mit meiner Körpergröße, dass Sie mir dann eines Tages eben auch anvertraute: „wissen Sie, woran ich denken muss, wenn ich Sie zur Türe herein kommen sehe? An den Fels in der Brandung“. Und ich dachte: „wenn Du wüsstest, wie es in mir drinnen aussieht, wie unsicher und wackelig dieser Fels oft ist...“

Ähnliches erlebte ich bei einer älteren Dame in Salzburg, die gestürzt, auf Treppenstufen im eigenen Mantel hängen geblieben war und sich dabei weh tat, aber sich trotzdem mit einem geschwollenen und bläulich verfärbten Finger auf den Weg in ein Konzert machte. Auch bei ihr gab es kein Jammern, keine Schuldzuweisung an andere. Sondern sie freute sich über die Musik und über ihre beiden Nachbarinnen im Konzert. Die eine – wohl im Gesundheitsbereich tätig – entschied mit fachlichem Blick, dass der Finger geschient gehöre und machte sich wohl auch während des Konzertes bzw. in der Pause ans Werk, mit den Materialien improvisierend, die sie in ihrer Handtasche dabei hatte. Die andere Nachbarin überzeugte meine Bekannte mit Nachdruck und Entschiedenheit, doch nach dem Konzert zur Untersuchung ins Unfallkrankenhaus zu gehen und begleitete sie gleich dorthin. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Finger gebrochen war! Später zeigte sich, dass eine Operation wohl nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hatte, zwei Metallstifte zwar wieder entfernt werden, wobei der Finger doch nicht seine Beweglichkeit wieder erlangen würde. „Nur gut, dass ich keine Klavierspielerin bin!“ kommentierte die Salzburger Bekannte lächelnd. Und ich kam mir mit meinen „Problemen“ sehr klein und armselig vor...

Und ich höre nicht auf, Lehrmeisterinnen des Lebens zu begegnen. In Schellenberg ist es Sr.Josefa, die ich noch von früher als fleißige Frau kenne. Jetzt muss sie dreimal in der Woche zur Dialyse, wonach sie zwar jeweils kaputt ist, was sie aber nicht daran hindert, mit großer Gelassenheit und Gottvertrauen zu leben. Zwischendurch erzählt sie ihren Mitschwestern, was sie im Fernsehen gesehen hat, während sie da in der Dialysestation lag, etwa: „heute war ein schöner Tierfilm“. Manchmal gibt es sogar anlässlich einer Papstreise eine Übertragung – eine besondere Freude für Sr.Josefa. Es kommt aber natürlich auch vor, dass sie sagt: „heute kam ein Blödsinn, da habe ich gar nicht hin gesehen“. Und jetzt freut sich Sr.Josefa, dass in Schaan ein Dialyse-Institut öffnet und sie nicht mehr bis Altstätten fahren muss...

In allem vorweihnachtlichen Trubel wünsche ich adventliche Ruhe!

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