Samstag, 15. Dezember 2012

Interferenzen

„Interferenz (Physik Überlagerung von Wellen...)“, so steht es im Duden. So was gibt’s ! Ganz praktisch und mit Auswirkungen.

Samstag, 1. Dezember 12 in Schellenberg. Auf dem Dorfplatz vor der Kirche findet seit morgens um 10.00 Uhr der Weihnachtsmarkt statt. Jetzt ist es 18.00 Uhr und die Vorabendmesse in der Kirche beginnt. Und das Besondere dabei: die Geräuschkulisse von draußen dringt nicht nur irgendwie nach drinnen. Nein: das Beschallungsprogramm des Weihnachtsmarktes ist – ungewollt und ungeplant - direkt über die Lautsprecheranlage der Kirche zu hören. Diejenigen, welche drinnen den Gottesdienst mit feiern, bekommen also live Schrifttexte und Gebete und gleichzeitig über dieselben Lautsprecher mehr oder weniger erhebende Musik aus der Konserve oder ebenfalls live vom weihnachtlichen Treiben draußen geboten: „lasset uns beten“ und „Jingle bells“ gleichzeitig. Konkret wirkt diese Geräuschkulisse im Kircheninnern jedoch eher verwirrend., verstörend. Ein Mann geht nach draußen, um auf das Malheur aufmerksam zu machen. „Das war nicht zum ersten Mal“ sagt hinterher der Mesner. Und ich erinnere mich an Studienzeiten in Salzburg, als wir an den Donnerstag-Abenden zur Messe in die Seminarkirche eingeladen waren. Auch dort ertönte aus der Lautsprecheranlage bisweilen nicht nur Gottesdienstliches, sondern auch ein Radiosender – irgendwo war da etwas nicht entstört.

Sonntag, 2. Dezember 12 in Schellenberg. Vor der sonntäglichen Eucharistiefeier um 9.00 Uhr (ja, es ist früh am Morgen!) beten ab 8.30 Uhr bereits einige Menschen, vorwiegend weiblichen Geschlechts, aber nicht nur, den Rosenkranz. Auch diese bekommen heute „Zusatzprogramm“. Denn im Gottesdienst nachher werden die Erstkommunionkinder des kommenden Jahres vorgestellt werden. Während also die Menschen in den Bänken Rosenkranz beten, stellt die Religionslehrerin der Klasse, unterstützt von ihrer erwachsenen Tochter, vor dem Altar kleine Laternen auf eine bereit liegende Decke. Und die beiden haben zu tun, bis auch die Teelichter in den Laternen alle entzündet sind. Auf einer Seite vorne bereitet sich ein Mädchen den Notenständer vor, auf der anderen Seite geht ein Mädchen nach vorne und packt ihre Querflöte und Noten aus und legt sie ab. Die Kinder gehen natürlich nicht immer gemessenen Schrittes nach vorn und zurück, sondern hüpfen auch einmal von Stufe zu Stufe. In den Bänken im Kirchenschiff die unbeirrbaren Rosenkranzbeterinnen und -beter.

„Gut so!“ denke ich mir. Hat es nicht Weihnachten, das Fest, auf das wir uns in der Adventszeit, die eben an diesem Wochenende 1./2. Dezember beginnt, vorbereiten, hat es nicht Weihnachten mit Interferenz zu tun? Gott wird in Jesus Mensch und in diesem Menschen ist Gott wahrnehmbar. In die Hirtenlieder mischt sich der Engelsgesang. Das kann normale, gewohnte Abläufe schon auch durcheinander bringen. Und die Menschen, die sich auf diesen Jesus einlassen, wirklich einlassen, das sind idealerweise solche, deren „menschliche Musik“ auch besonders klingt. Nicht dass gleichzeitig „göttliche Obertöne“ zu hören wären. Nein, die ganz normale Menschenmusik klingt plötzlich anders...

Kann es sein, dass wir uns verstören lassen müssen von schräg Klingendem, vielleicht sogar von Lautem, um an Weihnachten heran zu kommen? Das ist jetzt völlig konträr zu Vielem in der Vorweihnachtszeit Gesagten und Geschriebenen, ich weiß schon. So wünsche ich Euch an Weihnachten ein „heilsames Durcheinander“...

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