Eine wichtige Zeit am Tag ist für mich
eine halbe Stunde Meditation am Morgen, so als erstes nach dem
Aufstehen, ein wenig Gymnastik und der Morgentoilette. Während
dieser Meditationszeit nehme ich kein Buch zur Hand, zur Vorbereitung
derselben jedoch schon. Wobei es nicht um eine Zeit des Nachdenkens,
sondern um eine Zeit des Gebetes geht. Einige Tage war ich
beschäftigt mit einem Text mit der Überschrift „Entscheidung für
Gott“ eines mir sehr lieben Autors. Dieser legt darin einen
Abschnitt des Lukasevangeliums (14,25-35) aus.
Obwohl ich den Text früher schon
einmal gelesen hatte, fand ich ihn neuerlich anregend und hilfreich
und bei einzelnen Punkten applaudierte ich gleichsam innerlich.
Im Beten mit diesem Text war es dann
anders. Da kam mein eigenes Leben mit seiner Schwerfälligkeit und
seinen Fehlern mit dazu, woraus dann das Gefühl entstand:
„Entscheidung für Gott, schön und gut! Ich will ja auch – aber
ich bleibe immer wieder hinter dem einmal Vorgenommenen zurück.“
Es geht mir hier um die sich täglich neu aktualisierende
Entscheidung, nicht die irgendwann einmal getroffene. Dieser oder
jener äußere Umstand, diese oder jene innere Grenze lässt mich
stolpern, zurück fallen... Es könnte einen das schon traurig und
verzagt werden lassen.
Nun hat sich all dies im Monat Juli
abgespielt, den wir in meiner Gemeinschaft als „Kostbar-Blut-Monat“
begehen. Mehr noch als sonst im Alltag taucht dieser Gedanke auf, ist
dies das Thema.
Und so habe ich beim Beten und Ringen
um die „Entscheidung für Gott“ auch neuerlich auf den Blut
vergießenden Jesus geschaut. Und fand Trost! Und Klarheit!
Denn ER sagt mir, gerade eben durch
sein von ihm vergossenes Blut: „ich habe mich für Dich
entschieden! Und ich gebe mich hin für Dich, mich selbst, mein Leben
– dafür steht das Blut – nicht aufgrund Deiner Großartigkeit
und Deiner Leistungen. Nein, schlicht weil ich Dich liebe und mich
für Dich entscheide“.
Aha! Jetzt sieht die Sache anders aus.
Kann es sein, dass ich mich selbst überfordere, wenn ich mich zu
einer „Entscheidung für Gott“ aufraffe, ohne sie auf der
Grundlage SEINER Entscheidung für mich zu sehen? Das muss ja daneben
gehen.
Anders ist es, wenn es darum geht, auf
SEINE Entscheidung für mich zu antworten. Keine Frage: der Blick auf
den Blut vergießenden Jesus ist auch herausfordernd! Aber diese
Herausforderung ist gepaart mit einer staunenden Dankbarkeit. Du tust
das für mich – soviel bin ich Dir wert!
Nicht: ich presse die Zähne zusammen,
sammle all meine Energie und zeige Dir, was ich für Dich tue oder
tun möchte! Das wäre, wenn, dann Schritt zwei.
Mir fällt der US-amerikanische
Mitbruder ein, der von Karfreitagspredigten erzählte, welche sich
hauptsächlich damit beschäftigten, den Leuten ein schlechtes
Gewissen zu machen. Mit dem Blick auf Jesus am Kreuz zu predigen:
„das habt Ihr Jesus angetan! („you did it to him!“). Die andere
Seite „das hat ER für Euch getan“ (he did it to you) ging
darüber unter. Wenn ich von zwei Seiten spreche, dann will ich damit
klar machen, dass ich keine ausblenden möchte. Es geht mir um die
Gewichtung und den Ansatz.
Vermutlich ist all das nichts Neues.
Aber es kann einem – wie mir – immer neu unter die Haut gehen und
Ursache der Freude sein. Und das ist doch viel wert, nicht wahr?