Mittwoch, 15. Juni 2011

Pfingsten

Am Pfingstsonntag erwartet mich nach dem Hochamt Frau I. vor der Kirche. Sie ist vor kurzem in den Vorstand der Landsmannschaft der Banater Schwaben gewählt worden und lädt mich ein zu deren sommerlichem Grillfest. Und ich bekomme mit, wie sie auch noch mit einem Jugendleiter der Pfarrei verhandelt: „Ihr habt doch verschiedene Spielgeräte? Könnt Ihr uns nicht etwas für das Sommerfest ausleihen, damit wir etwas für die Kinder haben?“ Kennen gelernt habe ich Frau I. vor einigen Wochen bei der Segnung der neuen Geschäftsräume des Eine – Welt - Ladens in Traunreut, dort ist sie ehrenamtliche Mitarbeiterin. Eine imponierende Frau: sie macht mir gegenüber auch deutlich, wie sie durch ihren Einsatz gelingende Integration fördern möchte: die „Tradition im Herzen“ nicht aufgeben, gleichzeitig aber auch bewusst junge Leute ins Boot holen…
Nebenbei: der Eine – Welt - Laden hat in Traunreut, der Stadt, in der 70% der Sozialwohnungen des Landkreises Traunstein sind, wirtschaftlich keinen leichten Stand. Auf der anderen Seite möchten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Initiative entschieden mit ihrem Angebot in der größten Stadt des Landkreises vertreten sein. Immerhin wird im Rathaus Eine – Welt - Kaffee getrunken. Ob das schon in jeder bayrischen oder deutschen Gemeinde der Fall ist?
Zurück zum Pfingstsonntag: ich gebe die Einladung von Frau I. an den Kaplan weiter, da ich zeitlich verhindert bin. Mit dem Kaplan zusammen gehe ich nach unserem Pfingsthochamt zur evangelischen Kirche. Dort hat auch die rumänisch – orthodoxe Gemeinde Gastrecht und die hat uns für heute zur Priesterweihe ihres Diakons Constantin eingeladen. Dazu ist Bischof Sofian von Kronstadt aus München angereist. Wir erleben eine eindrucksvolle Weiheliturgie. Neben dem Kaplan und mir feiern noch zwei weitere katholische Priester mit, dazu die „Hausherren“, die evangelische Pfarrerin und der evangelische Pfarrer und auch der griechisch – orthodoxe Priester, der einmal im Monat in Traunreut Gottesdienst mit seiner Gemeinde feiert.
Nach der zweieinhalbstündigen Liturgie richtet der Bischof das Wort an die Versammelten und redet uns liebevoll aufrüttelnd, nicht anklagend ins Gewissen. Die Sünden der Christen schaden der Gemeinde, der Kirche und auch der Gesellschaft. Und: sie verhindern letztlich auch die Einheit der Kirche. Ist es nicht widersinnig, wenn wir alle um den heiligen Geist beten und dann an verschiedenen Orten Pfingsten feiern? Ich freue mich über den missionarischen Impetus, aber auch darüber, dass unser Zusammensein gleichzeitig Zeugnis des Möglichen ist und vielleicht ein hoffnungsvolles Zukunftszeichen.
Während in der nördlichen Hemisphäre die Weltgebeteswoche um die Einheit der Christen regelmäßig im Januar stattfindet, wird dieses Gebetsanliegen in der südlichen Hemisphäre um Pfingsten herum aufgegriffen. Ich denke an einen wunderschönen ökumenischen Gottesdienst im Rahmen einer Pfinstnovene in Salzburg – Parsch zurück.
Als ich nach der Weiheliturgie aus der Kirche heraus komme, steht da wieder Frau I. Ihr rumänisch – orthodoxer Ehemann liegt mit Migräne im Bett, also ist sie, die Katholikin, heute auch zum rumänisch – orthodoxen Gottesdienst gegangen. Wohl nicht nur in „ökumenischer Stellvertretung“ für ihren Mann, sondern auch weil sie für das Sommerfest der Banater junge Leute gewinnen möchte, die einen Volkstanz aufführen. Sie hat unter den rumänisch – orthodoxen Gemeindmitgliedern eben solche in Trachten gesehen und wittert ihre Chance.
Und auch das scheint mir ein pfingstliches Geschehen werden zu können: wenn sich die Banater Schwaben mit Mitgliedern der rumänisch – orthodoxen Gemeinde vor Ort zum Sommerfest treffen.

Keine Kommentare: