Auch in diesem Jahr habe ich eine Woche
gefastet. Mayr-Kur, mit Milch und Semmeln. Tat gut! Zum
Fastenprogramm gehörte auch der tägliche Spaziergang, wobei ich
dabei etwas langsamer ging als ich es normalerweise tue. Und ich
freute mich über die Buschwindröschen und die ersten
Schmetterlinge, Zitronenfalter, einmal gleich vier nebeneinander. An
zwei oder drei Stellen hörte ich einen Specht klopfen. Und ein
Entenpärchen schreckte mich auf: sie schwammen in einer großen
Pfütze neben dem Weg (im Normalfall ist dort trocken!) und waren
wohl ihrerseits durch mich erschreckt worden... Jetzt flatterten sie
davon in die Luft...
Weniger schön sind die
Hinterlassenschaften der Menschen am Straßenrand, vermutlich
„einfach so“ aus dem Auto geworfen. Irritiert war ich dabei über
eine „Süddeutsche Zeitung“ - weil ich vom Leser einer solchen
doch mehr Kultur erwartet hätte. Aber nein, da lag sie am
Straßenrand, offensichtlich eine aktuelle Ausgabe, die Graphik des
Corona-Virus auf der Titelseite. An leere Zigarettenpackungen,
Bierflaschen oder die Einwegbecher des Fast-Food-Restaurants bin ich
eher gewohnt. Vielleicht sollte ich es doch so machen, wie früher P.
Hugo. Von ihm erzählen die Leute hier in Baumgärtle, dass er mit
einer leeren Plastiktüte spazieren ging und das einsammelte, was
andere „einfach so“ weg geworfen hatten.
Mir fällt dabei eine der
Missionserinnerungen von Don Giuseppe Montenegro ein, ein
italienischer Mitbruder, der zuerst als Missionar in Tansania und
später in Indien gearbeitet hat. Verschiedene Erinnerungen an diese
Zeit schrieb er für eine Zeitschrift der italienischen Mitbrüder
auf, und vor zwei Jahren erschien ein Büchlein, in dem diese
Erzählungen gesammelt sind. An einer Stelle beschreibt Don Giuseppe,
wie er in Bangalore (Indien) dazu kam, als in der Stadt an einem
bestimmten Platz ein Lastwagen seine Fracht, nämlich Müll, ablud.
In Windeseile waren Menschen, Frauen, Männer, Kinder zur Stelle, die
den abgeladenen Müll sortierten, offenbar mit System und
Arbeitsteilung. Don Giuseppe schreibt, dass der Platz, auf dem der
LKW seine Fracht ablud, nach einer Viertelstunde leer war. Diesen
Umgang mit Abfall stellt der alte Missionar als vorbildhaft, in
gewisser Weise nachahmenswert hin, eben die Wiederverwertung, das
Recycling.
Was mich an einen anderen Missionar
erinnert, von dem ich vor drei Jahren schon einmal in diesem Blog
erzählt habe. Nach dem Pfarr-Flohmarkt in Salzburg-Parsch warfen wir
das übrig Gebliebene in einen Container. Der Brasilien-Missionar
Fritz Tschol konnte es überhaupt nicht fassen, was die Leute alles
weg gaben bzw. weg warfen. „Bei uns würden sich sofort Menschen
darauf stürzen und diese Sachen holen und etwas mit ihnen machen“,
so sagte er.
Für das in der Welt grassierende
Corona-Virus gibt es verschiedene Deutungen und Erklärungen. Der
Befreiungstheologe Leonardo Boff etwa schrieb darüber „Mutter Erde
rächt sich“. Auch wenn man diesbezüglich geteilter Meinung sein
kann, geht mir diese Deutung nach, wenn ich beim Spaziergang sehe,
was die Menschen so weg werfen. Außer den oben erwähnten
Kleinigkeiten begegnet mir seit ein paar Tagen ein Staubsauger, den
jemand im Wald „entsorgt“ hat.
Und ich komme an den Baumriesen vorbei,
welche vor einigen Wochen der Sturm „Sabine“ entwurzelt und flach
gelegt hat. Bisweilen kommen mir diese Bäume wie ein Symbol vor, mit
ihren flachen Wurzeln, wie sie nun umgekippt daliegen.
Ich wünsche mir und uns tief reichende
Wurzeln, um den Stürmen Widerstand leisten zu können.