Mittwoch, 16. Mai 2018

"Es gibt keinen Gott"

Die (Adoptiv-)Mutter des entführten Kindes kniet, die Ellenbogen auf dem Bett abgestützt, die Hände gefaltet. Der Kriminal--Ermittler kommt und macht irgendeine Bemerkung über Menschen, die sich Pferdebilder machen, um sich in ihren Nöten an diese zu wenden. Eine Szene aus einem Fernsehkrimi („Professor T.“).
Tags darauf die Kabarett-Sendung im Radio. Ein Lied der Preisträger eines europäischen Kabarettpreises, wobei das Publikum zum Mitsingen eingeladen wird: „es gibt nicht Gott“ oder „es gibt keinen Gott“, ich erinnere mich nicht mehr genau an den Text.
Was ist das? Aggression? Hilflosigkeit? Kundenfang? Publikumsanbiederung?

Mich haben die Szene im Fernsehen und das Lied im Radio aufgewühlt. Muss das sein? Was erlauben die Leute sich? Soll ich irgendwie reagieren? Protestieren?

Gleichzeitig lese ich ein spannendes Buch von Gerhard Gäde: „Christus in den Religionen. Der christliche Glaube und die Wahrheit der Religionen“. Einmal ganz abgesehen von den Fragen des interreligiösen Dialogs lässt mich dies Buch neu sensibel werden für das Reden über Gott ganz allgemein. Natürlich werde ich mich für solches Reden nicht jeweils zuerst mit einer stundenlangen Reflexion über seine Möglichkeit überhaupt beschäftigen. Es käme keine Predigt mehr zustande.

Und doch wird mir bewusst, wie unbedarft mein, unser Reden über Gott oft ist. Das Reden von und mit ihm. Manches „(fromme) Gerede“ wirkt ja so, als hätte jemand den lieben Gott ziemlich für sich vereinnahmt. Sozusagen zum „Hosentaschen-Gott“ gemacht, „degradiert“. Wenn ich anfange, das ein oder andere Reden über Gott denkerisch zu analysieren, dann wird es fragwürdig: was weiß der oder die nicht alles über den letztlich doch unbegreiflichen Gott!

Und dann sehe ich die anfangs beschriebenen Szenen wieder in einem anderen Licht. Kann es sein, dass so etwas auch Reaktion auf „frommes Gerede“ ist? Dadurch ausgelöst bzw. als Abwehr oder Gegenwehr entstanden?

So möchte ich im etwaigen Gespräch mit Menschen nicht nur meinen Schmerz deutlich machen, sondern auch hinterfragen, wieso wohl der andere zu Formulierungen und Vorstellungen kommt, die mich eben so schmerzen.

Und gleichzeitig will ich neu über die Unbegreiflichkeit Gottes ins Staunen kommen und mir der Unangemessenheit all meines Redens über ihn bewusst werden. Welch hilfloses Gestammel, welch unpassendes Geschwätz im Hinblick auf den, für den kein Wort je reicht!

So passt Pfingsten, das Fest, welches wir jetzt feiern. Auf dass es uns nicht dazu diene, den Unbegreiflichen unsererseits falsch zu vereinnahmen, sondern eher dazu, uns in unseren Selbstverständlichkeiten stören, irritieren, beunruhigen zu lassen.

Keine Kommentare: