Sie sitzt auf dem Stuhl in der
Sakristei und gähnt, so dass ich die kleine Ministrantin frage, wann
sie aufgestanden ist. Jetzt in den Ferien kann sie ja ausschlafen. An
den bloßen Füßen hat sie Schlappen, oder sagt man Flip-Flops dazu?
Ich muss schmunzeln, weil manche Mitbrüder jetzt wohl zu einer
Ermahnung ansetzen würden. Ja, okay, als ich noch Ministrant war –
damals, im letzten Jahrtausend – da waren beim Ministrieren sogar
Turnschuhe verpönt, es musste schon etwas Edleres sein.
Am selben Ort, an dem meine Begegnung
mit der kleinen Ministrantin stattfindet, hat vor einiger Zeit ein
Mitbruder eine andere Ministrantin, die mit einer kurzen und dabei
noch modisch zerrissenen Hose zum Dienst kam gefragt, ob sie nicht
auch etwas Anständiges anzuziehen hätte. Was das Mädchen gar nicht
gut fand!
„Meine“ kleine Ministantin entzückt
mich im weiteren noch durch ihr gedankenverlorenes Spiel mit ihren
Haaren. Und sie kann es auch nicht lassen, mit dem Zingulum(=Strick),
den sie um ihren Bauch gebunden hat, zu spielen. Wahrscheinlich bin
ich für Erziehung total ungeeignet.
Ich gebe es zu: ich bin hin und her
gerissen. Klar ist mir der Gottesdienst wichtig. Und ich weiß, dass
auch das Äußere dazu gehört. Auf der anderen Seite merke ich, dass
ich mich einfach über die Anwesenheit der Kinder und Jugendlichen
freue. Tue ich das nur deshalb, weil sie überhaupt und weil so
wenige da sind? Ich weiß es nicht. Ich freue mich auf jeden Fall
auch, weil sie mit „ihrer Welt“ kommen, die sich eben auch in
ihrer Kleidung ausdrückt. Wobei ich durchaus Verständnis habe für
Mitbrüder, die das anders sehen. Und den Schwerpunkt auf die
Rücksicht der Würde des Gottesdienstes legen.
Tatsächlich habe ich vor einiger Zeit
in einer liturgischen Zeitschrift einen Artikel gelesen, der sich
damit beschäftigte, ob bei den gefalteten Händen der Ministranten
der rechte oder der linke Daumen oben sein muss.
Nein! Ich möchte mich nicht lustig
machen! Ich spüre beides in mir: die Tendenz, die Anwesenden zu
lieben, wie sie sind und wie sie da sind. Und den Wunsch, in großer
Würde zu feiern.
Mir hilft das auch im Umgang mit
manchen menschlich gesehen eher schwierigen Zeitgenossen, deren
Vorstellungen und Forderungen manchmal etwas verbohrt wirken. Die
kürzlich vom afrikanischen Kardinal Sarah erhobene Forderung an die
Priester, bei der Eucharistie doch wieder nach Osten zu schauen und
damit in dieselbe Richtung wie die versammelte Gemeinde scheint kurz
darauf etwas relativiert worden zu sein. Und wenn ich es recht
verstanden habe, dann soll laut Vatikan die Rede von der „Reform
der Reform“ in Bezug auf die Liturgie vermieden werden.
Ich spüre, dass meine Art, mich in
einer Kirche zu bewegen, hin und wieder jemanden nachdenklich werden
lässt. Das ein oder andere laute Gespräch verstummt und manchmal
entsteht sogar ein Schweigen vor einem Gottesdienst. Was dann nicht
nur ein „peinliches Schweigen“ ist.
Und ich habe auch schon junge und nicht
mehr ganz so junge Mitfeiernde gebeten, den Kaugummi heraus zu
nehmen. „Schlucken oder spucken!“ - am besten vor der Kirche,
damit ich ihn dann nicht unter einer Kirchenbank klebend finde. Das
ist für mich so ein „No Go“.
Bei anderem bin ich „nachsichtiger“,
nicht um der Nachsicht willen. Sondern weil die Freude über den
anderen überwiegt. Aber natürlich kann das die eine oder andere
anders sehen. Deswegen meine ich, dass wir einander brauchen. Mit der
Bereitschaft, voneinander zu lernen. Was damit anfängt, den anderen
verstehen zu wollen. Nicht ihm meine Sicht der Dinge aufdrängen zu
wollen.
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