Freitag, 15. April 2016

Dialog

Miteinander reden – ach ist das schwer! Miteinander reden - oh ist das schön! Beide Erfahrungen gibt es, beides kenne ich. Und habe mich auch immer wieder theoretisch und praktisch damit befasst. Ich erinnere mich noch an die Sprachphilosophie-Vorlesung während des Studiums und an die Theorie von Karl Bühler dabei.
Später waren es dann die weit verbreiteten Bücher von Friedemann Schulz von Thun. Als ich bei einer Abendveranstaltung mit jungen Fußballern zum Thema „Kommunikation“ vom „Hören mit vier Ohren“ erzählte, meinte der eine, das habe er in der Berufsschule auch schon mit bekommen.
Und immer noch bin ich am lernen. Und mache ich gute und weniger gute Erfahrungen mit dem Zuhören und mit dem Gespräch. Trotz des ein oder anderen „Gesprächsführungskurses“ mit praktischen Übungen „im Gepäck“.
Und wie ich mich ändere, die Gesellschaft sich ändert, so ändert sich auch das Gespräch. Wie geht das denn mit den Menschen, die auf ihrer Flucht hier gelandet oder gestrandet sind? Nicht nur mit einer anderen Muttersprache, sondern auch mit einem anderen weltanschaulichen oder kulturellen Hintergrund? Meinen wir dasselbe, selbst wenn wir in derselben Sprache kommunizieren?

In der März-Ausgabe des Magazins der Bundeszentrale für politische Bildung findet sich ein Interview mit zwei politischen Bildnern, Anja Besand, Professorin für Didaktik der Politischen Bildung an der Technischen Universität Dresden und Frank Richter, Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Auf die Frage: „Wer arbeitet denn jetzt am Dialog, wer kann ihn gestalten?“ antwortet Frau Besand: „Dialog ist ein großes Wort, das oft und meiner Meinung nach auch falsch in der Debatte eingesetzt wird. Natürlich geht es um Dialog. Aber für den Dialog sind alle zuständig, und er muss geführt werden, wo immer er sich ergibt. Zwischen Nachbarn und Freunden, in der Familie, der Schule, beim Friseur und beim Bäcker... Diese Gespräche sind anstrengend, aber sie müssen geführt werden, und es müssen alle daran teilnehmen, die davon betroffen sind.“ Diese – natürlich aus dem Zusammenhang gerissene Interview-Passage – macht bereits ein wenig deutlich von den Bedingungen des Dialogs. Hintergrund für das Interview war unter anderem der Umgang mit PEGIDA.

Und inzwischen stellen wir ja tatsächlich fest, dass auch an der Frage des Umgangs mit Menschen auf der Flucht bisher gute Beziehungen ernsthaften Belastungsproben unterzogen werden. Der Pfarrer, der auf seiner Facebook-Seite etwas tendenziell Fremdenfeindliches postet, der bekommt unter Umständen aus seiner Gemeinde mehr Unterstützung als Ablehnung. Christen in östlichen EU-Mitgliedsländern der EU blicken fassungs- und verständnislos auf ihre Mitchristen in den westlichen EU-Mitgliedsländern. Wie miteinander reden, im Gespräch sein und bleiben? Sich selbst verständlich machen und den anderen verstehen, mit jeweils anderen Erfahrungen und Verstehensvoraussetzungen?

Mit großer Freude und Dankbarkeit habe ich Auszüge eines Vortrags von Jesus Moran, dem Ko-Präsidenten der Fokolarbewegung über „Anthropologische Aspekte des Dialogs“ entdeckt, den dieser am 5. Februar im indischen Mumbai gehalten hat. Die von ihm dort aufgelisteten Prinzipien des Dialogs halte ich für hilfreich und weiter führend, so dass ich seine Ausführungen unbedingt zu Lektüre empfehlen möchte.

Ja – und dann wende ich mich wieder dem konkreten Dialog zu...

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