Sonntag, 15. September 2013

Die Hütte

Viele Menschen haben in den vergangenen Jahren William P. Youngs „Die Hütte“ gelesen, eine unkonventionelle Annäherung an das Geheimnis des dreieinigen Gottes.

Ich erzähle von einer anderen und ebenfalls wichtigen Hütte, dem Lagerungsort für Gartenmaterial und -möbel bei meinen Eltern zu Hause. Schon länger hatten die Eltern darum gebeten, das Dach dieser Hütte zu erneuern. Am letzten Samstag im August war es dann so weit: während einer meiner Brüder schon mehrere Tage die Gartenlaube der Eltern gestrichen hatte, ein Anstrich nach dem anderen, das Holz schien viel Durst nach Farbe zu haben, machten sich ein anderer Bruder, Helmut und ich an das Dach des Gartenhäuschens.

Konkret wusste Helmut, der gelernte Schreiner und Praktiker, wie die Sache anzugehen ist und ich versuchte mich als Handlanger.
Als wir damit begannen, die alte Dachpappe zu entfernen, stellte sich heraus, dass die darunter liegenden Holzplatten bereits teilweise angefault waren. Klar, da lag so manchen Winter allerhand Schnee auf dem Hüttendach. Helmut hatte es öfter frei geschaufelt.
Also reichte die eine Rolle neue Dachpappe nicht aus, die Helmut bereits besorgt hatte. Wir fuhren zum Baumarkt vor Ort und suchten nach neuen Holzplatten. Wasserfeste Sperrholzplatten gab es nicht im Angebot, der Verkäufer schlug uns OSB-Platten vor. Und erklärte, dass das Zuschneiden genauso teuer wäre wie die Platten selbst. „Schneidet die lieber selbst“. Also: acht Holzplatten, eine weitere Rolle Dachpappe und die dazugehörigen Nägel eingekauft und zurück zur Baustelle.

Dort ging es jetzt um eine Säge zum Zuschnitt der Holzplatten, was die Nachbarin meiner Eltern mit bekam. Sie schickte ihren Lebensgefährten ins Nachbarhaus und er kam mit einer Handkreissäge zurück. Auch die nötigen Holzböcke, um die Holzplatten aufzulegen, stellte der Nachbar zur Verfügung.
Und nun ans Werk: weitere Dachpappe entfernen, Holzplatten herunter nehmen, neue Holzplatten zuschneiden und auf der Hütte anbringen. Zunächst auf einer der beiden Dachseiten – Helmut hatte den Plan und die nötige Ahnung.

Mittlerweile kam die Nachbarin von der anderen Seite, die zuvor schon einmal Unzufriedenheit darüber geäußert hatte, wie ich die neuen Holzplatten abgestellt hatte – sie hatte Sorge um ihre Pflanzen. Und jetzt erschien sie wieder und behauptete, die neuen Holzplatten wären länger als die alten, das Dach der Hütte würde noch weiter als bisher schon in ihr Grundstück hinein reichen. Mit bewundernswerter Ruhe konnte Helmut diesen Vorwurf entkräften, in dem er eine der alten Platten auf eine neue legte und zeigte, dass das Maß dasselbe ist. Die Nachbarin meinte, dass wir wenigstens darauf hinweisen hätten können, dass wir am Samstag arbeiten und Krach machen. Und erzählte, dass sie auch auf der anderen Seite ihres Hauses den Krach einer anderen Baustelle auszuhalten hatte. Und von dort her noch Staub auf ihre zum Trocknen aufgehängte Wäsche geflogen sei. Die gute Frau war ziemlich ungehalten und ich fand es sehr beachtlich, wie Helmut die Ruhe bewahrte.

Die hat er ja auch mir gegenüber gebraucht, der ich eben kein Fachmann bin und das ein oder andere Mal geschickter hätte zupacken können. Helmut vertraute mir sogar die Bohrmaschine und den Akkuschrauber an und schimpfte nicht einmal, als ich letzteren nicht ganz sachgerecht bediente.
Und gab mir noch den Hinweis, den Hammer doch besser weiter hinten zu halten. Nachmittags war die Gartenhütte mit neuen Holzplatten und neuer Dachpappe gedeckt und ich hatte Freude daran und am Zusammenarbeiten und der Art des Umgangs miteinander. Was auch unser Vater wohlwollend bemerkt hatte: „woanders schreien sie auf den Baustellen – bei euch ging alles ganz ruhig zu, Hand in Hand...“.
Helmut machte sich auf den Weg zur Geburtstagsfeier eines Arbeitskollegen und wir ließen uns ein Feierabendbier im Biergarten schmecken...
Formen des Zusammenarbeitens und der Nachbarschaft gehen mir nach...

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