Montag, 15. Juli 2013

Wem nützt was?

Soll die EU weitere Beitrittsverhandlungen mit der Türkei führen? Diese Frage stellt sich nach dem harten Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in verschiedenen türkischen Städten in den letzten Wochen. Wem nützt was? Es gibt ja auch die Ansicht, dass gerade im Hinblick auf die bedrängten Demonstranten EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei geführt werden müssen, um diesen den Rücken zu stärken.

Die evangelische Kirche in Deutschland hat ein Papier verabschiedet und veröffentlicht, in dem es um Ehe geht. Ich gebe zu, ich habe dieses Papier nicht gelesen. Von daher schreibe ich das Folgende sehr ungeschützt, vielleicht sogar leichtfertig. Aufgrund der vielfältigen Resonanz zu besagtem Papier in den Medien wird deutlich, dass der traditionelle christliche Ehebegriff darin aufgeweicht wird. Was Kritiker innerhalb der evangelischen Kirche auf den Plan rief, aber auch einen katholischen Bischof in Deutschland dazu brachte, die Ökumene als solche in Frage zu stellen. Wem nützt was? Könnte etwa nicht ernsthafte Ökumene bedeuten, das Gespräch in der Sache zu suchen, mit Hartnäckigkeit über den Ehebegriff zu reden? Wenn katholische Würdenträger mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten Martin Luthers die Gelegenheit nutzen, aufgrund eines EKD-Papiers zum Thema „Ehe“ ihren ökumenischen Widerwillen zu zeigen, dann wirkt das befremdlich und peinlich. Ein evangelischer Verteidiger des verabschiedeten Ehepapiers sprach davon, dass es nicht um eine Relativierung der christlichen Ehe gehe, sondern um ein Aufgreifen und Benennen der gesellschaftlich gelebten Wirklichkeit. Das Faktische wahrnehmen, ohne sich von der „normativen Kraft des Faktischen“ bestimmen zu lassen und die eigenen Ideale dabei über Bord zu kippen! Das gilt für die Ehe wie die Ökumene. Was die Ökumene angeht, zeigt sich an solch schwierigen Diskussionen und den durch sie ausgelösten Formulierungen wohl, vor welchem Hintergrund jemand Ökumene betreibt. Wenn mir die Einheit der Christen ein Anliegen ist, dann leide ich an der ein oder anderen Aktion, aber es geht um meine Brüder und Schwestern. Diese Geschwisterlichkeit kann ich nicht aufkündigen, weil mir etwas nicht passt. Ökumene ist keine Politik, obwohl sie sicher auch mit Diplomatie zu tun hat.

Papst Franziskus hört nicht auf, die Menschen in der Kirche dazu aufzufordern, an die Ränder zu gehen. Lieber draußen bei einem Unfall verletzt werden, als in der stickigen Luft drinnen krank werden! Gratwanderungen, die als Folge einer solchen Aufforderung unternommen werden, mögen ungewohnte Ausblicke ermöglichen und sie sind gefährlich.

Neulich habe ich einen Mitbruder der Arroganz bezichtigt – und es war in der Situation noch eher das Harmloseste, was mir einfiel. Aus Sicht des Angegriffenen mag es verständlich sein, dass er sich gar nicht mehr dafür interessiert hat, wieso ich ihn mit diesem Attribut belege, er reagierte mit Gesprächsverweigerung, als ich ihm meine Haltung erklären wollte. Diplomatisches Fingerspitzengefühl ist nicht nur bei EU-Beitrittsverhandlungen und im ökumenischen Gespräch gefragt...

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