Soll die EU weitere
Beitrittsverhandlungen mit der Türkei führen? Diese Frage stellt
sich nach dem harten Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen
Demonstranten in verschiedenen türkischen Städten in den letzten
Wochen. Wem nützt was? Es gibt ja auch die Ansicht, dass gerade im
Hinblick auf die bedrängten Demonstranten EU-Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei geführt werden müssen, um diesen den Rücken zu
stärken.
Die evangelische Kirche in Deutschland
hat ein Papier verabschiedet und veröffentlicht, in dem es um Ehe
geht. Ich gebe zu, ich habe dieses Papier nicht gelesen. Von daher
schreibe ich das Folgende sehr ungeschützt, vielleicht sogar
leichtfertig. Aufgrund der vielfältigen Resonanz zu besagtem Papier
in den Medien wird deutlich, dass der traditionelle christliche
Ehebegriff darin aufgeweicht wird. Was Kritiker innerhalb der
evangelischen Kirche auf den Plan rief, aber auch einen katholischen
Bischof in Deutschland dazu brachte, die Ökumene als solche in Frage
zu stellen. Wem nützt was? Könnte etwa nicht ernsthafte Ökumene
bedeuten, das Gespräch in der Sache zu suchen, mit Hartnäckigkeit
über den Ehebegriff zu reden? Wenn katholische Würdenträger mit
aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten Martin Luthers die
Gelegenheit nutzen, aufgrund eines EKD-Papiers zum Thema „Ehe“
ihren ökumenischen Widerwillen zu zeigen, dann wirkt das befremdlich
und peinlich. Ein evangelischer Verteidiger des verabschiedeten
Ehepapiers sprach davon, dass es nicht um eine Relativierung der
christlichen Ehe gehe, sondern um ein Aufgreifen und Benennen der
gesellschaftlich gelebten Wirklichkeit. Das Faktische wahrnehmen,
ohne sich von der „normativen Kraft des Faktischen“ bestimmen zu
lassen und die eigenen Ideale dabei über Bord zu kippen! Das gilt
für die Ehe wie die Ökumene. Was die Ökumene angeht, zeigt sich an
solch schwierigen Diskussionen und den durch sie ausgelösten
Formulierungen wohl, vor welchem Hintergrund jemand Ökumene
betreibt. Wenn mir die Einheit der Christen ein Anliegen ist, dann
leide ich an der ein oder anderen Aktion, aber es geht um meine
Brüder und Schwestern. Diese Geschwisterlichkeit kann ich nicht
aufkündigen, weil mir etwas nicht passt. Ökumene ist keine Politik,
obwohl sie sicher auch mit Diplomatie zu tun hat.
Papst Franziskus hört nicht auf, die
Menschen in der Kirche dazu aufzufordern, an die Ränder zu gehen.
Lieber draußen bei einem Unfall verletzt werden, als in der
stickigen Luft drinnen krank werden! Gratwanderungen, die als Folge
einer solchen Aufforderung unternommen werden, mögen ungewohnte
Ausblicke ermöglichen und sie sind gefährlich.
Neulich habe ich einen Mitbruder der
Arroganz bezichtigt – und es war in der Situation noch eher das
Harmloseste, was mir einfiel. Aus Sicht des Angegriffenen mag es
verständlich sein, dass er sich gar nicht mehr dafür interessiert
hat, wieso ich ihn mit diesem Attribut belege, er reagierte mit
Gesprächsverweigerung, als ich ihm meine Haltung erklären wollte.
Diplomatisches Fingerspitzengefühl ist nicht nur bei
EU-Beitrittsverhandlungen und im ökumenischen Gespräch gefragt...
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