Wir haben einen neuen Generaloberen in
unserer Gemeinschaft! Auf dem Foto, das ihn bei der ersten Messe in
seinem neuen Amt zeigt, sehe ich, dass auf dem Altar vor ihm kein
Messbuch, sondern ein Tablet-PC liegt. Das passt zu ihm, denn auch
zum Stundengebet verwendet er dieses Gerät, nicht etwa ein Buch, das
klassische „Brevier“.
Es erinnert mich an eine gewisse
Irritation, die mich überkam, als ich im vergangenen Jahr in
Kufstein und Salzburg mit unseren italienischen Seminaristen zusammen
betete und sah, dass einige ein Buch, andere aber ihr Smartphone auf
der Kirchenbank vor sich liegen hatten. Nanu! Als ich diese daraufhin
ansprach, lächelten sie mich an und erklärten: „normalerweise
verwenden wir schon ein Buch. Auf Reisen nehmen wir aber immer wieder
das Handy“. Bin ich zu misstrauisch? Wenn ich mir vorstelle, wie
das den Seminaristen beim Breviergebet geht, wenn gleichzeitig neue
Facebook-Nachrichten angezeigt werden...
In einer Klagenfurter Pfarrei mokieren
sich die Leute darüber, dass ihr indischer Priester ebenfalls kein
Buch mehr in der Liturgie verwendet, sondern sowohl die Schrifttexte
als auch die Gebete von seinem Tablet abliest.
Ohne irgendwie werten zu wollen,
versuche ich zu verstehen, was da passiert, was welche Empfindungen
auslöst. Die Sonntagsmesse der Klagenfurter Pfarre wird doch sicher
nicht nur von Technik-feindlichen Menschen mit gefeiert. Da sind
sicher gewiss solche darunter, die in Beruf und Freizeit mit dem PC
arbeiten. Lustigerweise habe ich aber gerade von jungen Leuten
Missfallen gegenüber dem PC in der Liturgie gehört, einer ist ein
EDV-Spezialist...
Und ich weiß, dass die neuseeländische
Bischofskonferenz verboten hat, solche elektronischen Geräte in der
Liturgie zu nutzen, da soll beim Buch geblieben werden. Dieser
Beschluss war und ist umstritten und ich bin gespannt, wie die
Entwicklung auf Weltkirchenebene weiter geht.
Die Technik, der Computer halten immer
mehr Einzug in alle Lebensbereiche. Aus der Liturgie soll sie, soll
er draußen bleiben? Was bedeutet das? Wünschen wir uns in der
Liturgie in eine andere Welt hinein zu treten? Oder schreiben wir der
Liturgie eine gewisse „(Vor-)Gestrigkeit“ zu, welche zu moderner
Technik im Gegensatz steht?
Sind wir misstrauisch, dass der
Priester mit demselben Gerät, das er eben zur Messe verwendet, am
Vorabend vielleicht einen Krimi oder Western angesehen oder seine
Post erledigt hat?
Kann es sein, dass uns diese
Vermischung von Alltag und Liturgie etwas zu weit geht? Und was sagt
das alles über uns selbst? Über unser Verständnis von Liturgie,
von Gottesdienst, von dem, was Christ-Sein heißt und ausmacht?
Geht es „nur“ um ästhetische, um
Stil-Fragen? Oder liegt dahinter bzw. darunter verborgen noch
Tieferes? Prägt denn mein Christ-Sein meine konkreten
Alltagsvollzüge? Kann uns die Frage nach dem richtigen Mittel zur
Gottesdienstgestaltung – herkömmliches Buch oder elektronisches
Gadget – gar helfen, dass wir neu verstehen, Christ-Sein nicht auf
gottesdienstliche Vollzüge am Sonntag und gelegentliche
Kontobewegungen für Wohltätiges zu beschränken?
An der Jesuitenfakultät Gregoriana in
Rom gibt es seit kurzem einen Lehrstuhl für „digitale Theologie“.
Mag sein, dass sich die Menschen dort genau mit solchen Fragen
beschäftigen. Sie sind es allemal wert!
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