„Was macht ein Pfarrer, was tust du den ganzen Tag?“ Nicht nur eine Kinderfrage. Und das halb scherzhafte: „wenn der in der Früh seine Messe gelesen hat, dann ist der Tag ja schon gelaufen“ ist eben auch nur halb scherzhaft.
Im Folgenden beschreibe ich einen halben Tag, einen Dienstag Nachmittag im Mai. Nicht, um mich zu rechtfertigen. Ich hoffe, es scheint auch etwas durch von dem „warum, wozu“ hinter dem „was“.
Um 14.00 Uhr habe ich einen Termin mit einem Mann, der vor 15 Jahren aus der Kirche ausgetreten ist und nun wieder eintreten möchte. Äußerer Anlass dafür ist, dass seine Schwester ihn gebeten hat, für seinen Neffen Firmpate zu sein. Er stammt aus einer anderen Pfarrei und es ist ihm wohl ein wenig peinlich, dorthin zu gehen und um Wiederaufnahme zu bitten.
14.45 Uhr: der Kaplan hat vom Mittagessen im Kindergarten Kuchen mitgebracht, die Sekretärin kocht Kaffee und wir plaudern ein wenig im Pfarrbüro.
Danach setze ich mich ans Telefon. Es geht nicht nur um Terminabsprachen mit meinem Chef, dem Provinzial. Auch eine Religionslehrerin erreiche ich, um Näheres im Hinblick auf einen Schulbesuch in der kommenden Woche zu vereinbaren. Der Kaplan hatte mich gebeten, einen der beiden Erstkommuniongottesdienste zu feiern und ich suche Gelegenheiten, im Vorfeld die Kinder ein wenig kennen zu lernen. Zum einen scheint das bei den Erstbeichten in den kommenden Wochen möglich zu sein, zum anderen möchte ich aber doch auch einmal in die Schule gehen. Die Kinder treffen und ein wenig „Witterung aufnehmen“ von der Luft, welche die Kinder dort atmen...
Ein Brautpaar versuche ich noch zu erreichen, bevor um 16.00 Uhr ein anderes Brautpaar zu mir kommt. Mit diesem haben wir schon das Ehevorbereitungsprotokoll ausgefüllt. Bei unserem heutigen Treffen geht es vor allem um die inhaltliche Gestaltung der Feier. „Sind wir frei in der Musikauswahl?“ fragen sie mich. Und ich erkläre ihnen, dass die gewählte Musik in die Kirche, zum Gottesdienst passen muss. Sie haben sich eine Gospelgruppe angehört und Sorge, das könnte zu modern sein. Ich sage ihnen, dass es nicht so sehr um „modern“ oder „klassisch“, „ruhig“ oder „lebhaft“ geht, aber einfach keine Schlager in die Kirche passen. Und die Lesung, kann die der 12 jährige Sohn der Braut lesen? Ist „der Altar“ - die Brautleute meinen „das Ambo“ (Lesepult) – nicht zu hoch für ihn? Ich bin ganz dankbar, dass mir die Idee kommt, den beiden vorzuschlagen, dass der Sohn ja die Fürbitten lesen könnte und sie sich für die Lesung doch jemand von den erwachsenen Gästen aussuchen sollen. Es geht um Gottes Wort!
Nachdem das Brautpaar gegangen ist, mache ich mich auf den Weg zu einem Besuch bei einem Firmbewerber. Im Rahmen der pfarrlichen Firmvorbereitung habe ich eine Firmgruppe, sechs 14jährige Jungen. Und ich hatte mir vorgenommen, bei jedem einmal zu Hause einen Besuch zu machen. Damit die Eltern mich kennen lernen können und ich etwas vom Zuhause der Firmlinge mit bekomme. Heute steht der letzte dieser Besuche an. Als ich vor dem Haus stehe, sehe ich ein mir von der Kirche her bekanntes älteres Ehepaar im Garten, die sich wundern bzw. freuen, dass ich auf Besuch komme. Ich verspreche, ein anderes Mal zu kommen und sage, zu wem ich heute möchte. K., der Firmling, ist mit seinem Vater zu Hause, später kommt auch die Mutter von der Arbeit heim. Die Eltern stammen aus Rumänien und wir kommen schnell und gut ins Gespräch über das Land und die Sprache, am Rand geht es auch um Glauben, Ökumene. Der Vater ist orthodoxen Bekenntnisses und erzählt, wie seinem Sohn aufgefallen sei, dass er das Kreuzzeichen anders mache.
Nach fast 45 Minuten verabschiede ich mich, hole noch etwas aus dem Pfarrhaus und gehe Richtung Bus. Unterwegs treffe ich noch den Vater des kleinen Mädchens, welches ich vor 10 Tagen getauft habe. Fast tut es mir leid, dass ich unter Hinweis auf den Bus unsere kurze Plauderei abbrechen muss. Wir sind uns wohl gegenseitig sympathisch. Und ein wenig regt sich wie manchmal die Frage in mir, ob ich neben dem „menschenfreundlichen Gesicht Gottes“ auch genug zum Ausdruck bringe, welche Herausforderungen das Leben mit diesem Gott in sich birgt. Doch, ich meine, beim Taufgespräch und bei der Feier selbst davon gesprochen zu haben...
Auf dem Weg zur Bushaltestelle noch schnell in die Bäckerei, um ein Brot zu kaufen. Heute trage ich ein schwarzes Hemd mit Priesterkragen. „Neu bei uns?“ fragt mich die Verkäuferin. „Das kommt darauf an, was `neu´ heißt“ sage ich, „seit Januar bin ich hier“. „Oh, so oft wie ich gehe!“ sagt sie und ich sage ihr: „wenn Sie mich noch erleben wollen, bis August bin ich noch hier“. „Dann muss ich mich schicken“ grinst sie mich an.
Mit dem Reichtum vieler Begegnungen im Herzen lasse ich auf dem Heimweg im Bus diesen Nachmittag vor meinem inneren Auge Revue passieren...
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