Samstag, 15. März 2025

"Rette deine Seele" ?

Solch ein Satz scheint nicht nur völlig außer Mode, sondern zudem theologisch fragwürdig zu sein, Stichwort „Heilsindividualismus“. „Fragwürdig“ heißt „des (Nach-)Fragens würdig“, also möchte ich das an dieser Stelle tun.

„Rette deine Seele“ steht als Inschrift auf vielen so genannten „Missionskreuzen“. Früher gab es in katholischen Pfarrgemeinden regelmäßig (z.B. alle 10 Jahre) eine sogenannte „Volksmission“, später auch Gemeindemission genannt. Mehrere Mitbrüder einer Ordensgemeinschaft kamen für 10 Tage oder zwei Wochen in eine Pfarrei, um dort durch Predigten, Gespräche und Beichtdienst und anderes den Glauben der Menschen zu stärken oder neu zu beleben. Einige Jahre war ich in solchen Teams aktiv und habe viele schöne Erinnerungen daran. Andere erinnern sich dagegen an Angst machende „Höllenpredigten“. Was ich nie erlebt habe, was aber wohl vor meiner Zeit oft eine solche Mission beschloss, war das Errichten eines (meist etwas größeren) Missionskreuzes, z.B. neben der Kirche. Die klassische Aufschrift auf einem solchen Kreuz, neben dem Jahr der Mission ist eben „Rette deine Seele“. Die Frage, ob damit nicht der Blick auf unzulässige Weise eingeengt wird, besteht natürlich zu Recht. Soll und darf ich mich tatsächlich allein auf die Rettung meiner Seele konzentrieren? Spätestens nach dem II. Vatikanischen Konzil mit seiner Communio-Ekklesiologie und der neuen Betonung der Kirche als Volk Gottes und noch mehr im Hinblick auf die Synodalität als „gemeinsames Unterwegs-Sein“ ist klar, dass wir miteinander zu Gott kommen müssen.

Aber muss das Ganze so gegensätzlich, ja unvereinbar verstanden werden? Könnte „Rette deine Seele“ gar die Aufmerksamkeit auf das lenken, was heutzutage unter Authentizität verstanden wird? 

Ich erinnere mich an manche Osternacht, in welcher ich, angeregt auch durch Impulse von anderen, die Mitfeiernden dazu aufgefordert habe, bei der Erneuerung ihres Taufversprechens auf die richtige Antwort zu achten. „Glaubt ihr...?“ heißt die Frage und die Antwort „Ich glaube“ (nicht „wir glauben“). Beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses gibt es – auch je nach Sprache – beide Versionen: „ich glaube an Gott…“ und „Wir glauben an Gott“.

Wir bekennen miteinander unseren Glauben, der uns verbindet, und den wohl jede und jeder in seiner Lebensrelevanz ein wenig anders erklären würde. Klar werden wir immer auch vom Glauben der anderen mitgetragen, so wie wir mit unserem Glauben und Zweifeln andere mittragen.

Bei meinen Gedanken fühle ich mich bestätigt durch Timothy Radcliffe, der im Gespräch mit seinem Mitbruder Łukasz Popko (vgl. den vorletzten Post vom 15.2.25) sagt:

Das Christentum beinhaltet einen gewissen Individualismus. Natürlich sind wir nicht ausschließlich isolierte Individuen. Wir sind die Frucht von Familien und Freundschaften. Aber eine wahre Familie formt uns zu Personen, welche eine individuelle Wahl zu lieben und zu leben treffen, und der Nutzen der Individualität besteht darin, den anderen und die große Familie Gottes zu wählen. (…) Die Liebe ist eine individuelle Wahl und das Fundament der Gemeinschaft.

Mir geht eine Auslegung des Gleichnisses von den zehn Jungfrauen (Mt 25,1-12) nach. Jemand verglich das Öl in den Krügen mit der Liebe, zu der sich der einzelne Mensch entscheiden muss, wo er oder sie letztlich unersetzbar ist. Deswegen können die klugen Jungfrauen nicht einfach Öl in die Krüge der törichten Jungfrauen schütten.

In der Gemeinschaft der Glaubenden möchte ich meinen Teil tun und dabei keineswegs nur auf mein Heil, meine Rettung schauen.

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