Solch ein Satz scheint nicht nur völlig außer Mode, sondern
zudem theologisch fragwürdig zu sein, Stichwort „Heilsindividualismus“.
„Fragwürdig“ heißt „des (Nach-)Fragens würdig“, also möchte ich das an dieser
Stelle tun.
„Rette deine Seele“ steht als Inschrift auf vielen so
genannten „Missionskreuzen“. Früher gab es in katholischen Pfarrgemeinden
regelmäßig (z.B. alle 10 Jahre) eine sogenannte „Volksmission“, später auch
Gemeindemission genannt. Mehrere Mitbrüder einer Ordensgemeinschaft kamen für
10 Tage oder zwei Wochen in eine Pfarrei, um dort durch Predigten, Gespräche
und Beichtdienst und anderes den Glauben der Menschen zu stärken oder neu zu
beleben. Einige Jahre war ich in solchen Teams aktiv und habe viele schöne
Erinnerungen daran. Andere erinnern sich dagegen an Angst machende
„Höllenpredigten“. Was ich nie erlebt habe, was aber wohl vor meiner Zeit oft
eine solche Mission beschloss, war das Errichten eines (meist etwas größeren) Missionskreuzes,
z.B. neben der Kirche. Die klassische Aufschrift auf einem solchen Kreuz, neben
dem Jahr der Mission ist eben „Rette deine Seele“. Die Frage, ob damit nicht
der Blick auf unzulässige Weise eingeengt wird, besteht natürlich zu Recht. Soll
und darf ich mich tatsächlich allein auf die Rettung meiner Seele
konzentrieren? Spätestens nach dem II. Vatikanischen Konzil mit seiner Communio-Ekklesiologie
und der neuen Betonung der Kirche als Volk Gottes und noch mehr im Hinblick auf
die Synodalität als „gemeinsames Unterwegs-Sein“ ist klar, dass wir miteinander
zu Gott kommen müssen.
Aber muss das Ganze so gegensätzlich, ja unvereinbar verstanden werden? Könnte „Rette deine Seele“ gar die Aufmerksamkeit auf das lenken, was heutzutage unter Authentizität verstanden wird?
Ich erinnere mich an manche Osternacht, in welcher ich, angeregt auch durch Impulse von anderen, die Mitfeiernden dazu aufgefordert habe, bei der Erneuerung ihres Taufversprechens auf die richtige Antwort zu achten. „Glaubt ihr...?“ heißt die Frage und die Antwort „Ich glaube“ (nicht „wir glauben“). Beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses gibt es – auch je nach Sprache – beide Versionen: „ich glaube an Gott…“ und „Wir glauben an Gott“.
Wir bekennen miteinander unseren Glauben, der uns verbindet,
und den wohl jede und jeder in seiner Lebensrelevanz ein wenig anders erklären
würde. Klar werden wir immer auch vom Glauben der anderen mitgetragen, so wie
wir mit unserem Glauben und Zweifeln andere mittragen.
Bei meinen Gedanken fühle ich mich bestätigt durch Timothy
Radcliffe, der im Gespräch mit seinem Mitbruder Łukasz Popko (vgl. den
vorletzten Post vom 15.2.25) sagt:
Das Christentum beinhaltet einen
gewissen Individualismus. Natürlich sind wir nicht ausschließlich isolierte
Individuen. Wir sind die Frucht von Familien und Freundschaften. Aber eine
wahre Familie formt uns zu Personen, welche eine individuelle Wahl zu lieben
und zu leben treffen, und der Nutzen der Individualität besteht darin, den
anderen und die große Familie Gottes zu wählen. (…) Die Liebe ist eine
individuelle Wahl und das Fundament der Gemeinschaft.
Mir geht eine Auslegung des Gleichnisses von den zehn Jungfrauen (Mt 25,1-12) nach. Jemand verglich das Öl in den Krügen mit der Liebe, zu der sich der einzelne Mensch entscheiden muss, wo er oder sie letztlich unersetzbar ist. Deswegen können die klugen Jungfrauen nicht einfach Öl in die Krüge der törichten Jungfrauen schütten.
In der Gemeinschaft der Glaubenden möchte ich meinen Teil tun und dabei keineswegs nur auf mein Heil, meine Rettung schauen.
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