Vor zwei Tagen, am 29. Januar, haben wir das Fest der
Gründerin der Gemeinschaft der Ordensfrauen, die mit uns hier im Haus leben,
gefeiert: Bolesława Lament gründete 1905 die Missionarinnen von der Heiligen
Familie. Natürlich war die Liturgie an diesem Tag feierlich. Aber noch ein
anderes Detail machte das Fest deutlich. Denn der 29. Januar fiel ja in diesem
Jahr auf einen Mittwoch. Und ähnlich wie der Freitag ist auch der Mittwoch für
unsere Schwestern ein Fasttag, es wird Fisch gegessen. Am vergangenen Mittwoch
jedoch gab es nicht nur Fleisch, sondern sogar ein Eis zum Nachtisch. Und wir
dachten über derartige Bräuche und Rituale nach, deren Bedeutung insgesamt
gesehen abzunehmen scheint. Manche empfinden sie wohl als „verstaubt“,
veraltet, nicht mehr zeitgemäß, vielleicht sogar einengend. Und manches ist ja
vielleicht auch inhaltsleer geworden. Weihnachten liegt einen guten Monat zurück
und es gehört in gewissen Kreisen dazu, sich zu fragen, was daran äußeres
Ritual und was Ausdruck gelebten Glaubens ist.
Ich selbst stehe Bräuchen und Ritualen zunächst einmal
positiv gegenüber, sie sind mir eher ein heilsames Gerüst und Geländer als eine
einschnürende, erdrückende Last. Wenn ich am Sonntagmorgen zur Messe in das
nahe gelegene Klarissenkloster gehe, dann begegnen mir auf dem Weg regelmäßig
joggende und Rad fahrende Menschen, natürlich auch solche, die mit einem oder
mehreren Hunden unterwegs sind. Und ich frage mich dann bisweilen, ob die
Menschen sich auch um die „Fitness ihrer Seele“ kümmern, dafür auch Zeit investieren,
so wie für das Joggen am Morgen. Zu meinem Sonntag gehört (oft nach dem
Frühstück) ein Spaziergang schnellen Schrittes im nahe gelegenen Park dazu.
Es ist schon einige Jahre her, dass ich nach einer Taufe von
der Familie zum Essen eingeladen und dabei um ein Tischgebet gefragt wurde. (Damals
habe ich dieser Bitte noch entsprochen, inzwischen gebe ich sie meist an die
Familie zurück und frage, ob nicht ein Familienmitglied beten möchte.) Ich weiß
noch, wie nach dem Gebet jemand Freude strahlend meinte: „war das schön. Das
müssten wir sonst auch machen!“. Und ja: es macht einen Unterschied aus, mit
einem Tischgebet die Mahlzeit zu beginnen. Gerade hatten wir die Schwester von Juan
mit ihren drei Töchtern zu Besuch: zwei Zwillingsmädchen mit 11 und die jüngere
Schwester mit 9 Jahren. Auch hier haben wir beim Vorbeten abgewechselt und die
Mädchen (mit Unterstützung durch ihre Mutter) zum Vorbeten eingeladen.
Zweimal in der letzten Zeit habe ich von Untersuchungen über
erstaunlich langlebige Ordensleute, Frauen wie Männer, gelesen. Zu den Faktoren,
welche scheinbar ein langes Leben fördern, gehört zum einen der soziale Zusammenhalt.
Während ältere Menschen manchmal vereinsamen, geschieht das in Klöstern nicht
so leicht. (Ausnahmen mögen die Regel bestätigen!) Aber zum anderen gehört auch
eine geregelte Tagesstruktur dazu, welche Halt und Orientierung gibt.
Und wenn dann noch das Kirchenjahr mit seinem Reichtum dazu kommt…
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