Freitag, 31. Januar 2025

Bräuche und Rituale

Vor zwei Tagen, am 29. Januar, haben wir das Fest der Gründerin der Gemeinschaft der Ordensfrauen, die mit uns hier im Haus leben, gefeiert: Bolesława Lament gründete 1905 die Missionarinnen von der Heiligen Familie. Natürlich war die Liturgie an diesem Tag feierlich. Aber noch ein anderes Detail machte das Fest deutlich. Denn der 29. Januar fiel ja in diesem Jahr auf einen Mittwoch. Und ähnlich wie der Freitag ist auch der Mittwoch für unsere Schwestern ein Fasttag, es wird Fisch gegessen. Am vergangenen Mittwoch jedoch gab es nicht nur Fleisch, sondern sogar ein Eis zum Nachtisch. Und wir dachten über derartige Bräuche und Rituale nach, deren Bedeutung insgesamt gesehen abzunehmen scheint. Manche empfinden sie wohl als „verstaubt“, veraltet, nicht mehr zeitgemäß, vielleicht sogar einengend. Und manches ist ja vielleicht auch inhaltsleer geworden. Weihnachten liegt einen guten Monat zurück und es gehört in gewissen Kreisen dazu, sich zu fragen, was daran äußeres Ritual und was Ausdruck gelebten Glaubens ist.

Ich selbst stehe Bräuchen und Ritualen zunächst einmal positiv gegenüber, sie sind mir eher ein heilsames Gerüst und Geländer als eine einschnürende, erdrückende Last. Wenn ich am Sonntagmorgen zur Messe in das nahe gelegene Klarissenkloster gehe, dann begegnen mir auf dem Weg regelmäßig joggende und Rad fahrende Menschen, natürlich auch solche, die mit einem oder mehreren Hunden unterwegs sind. Und ich frage mich dann bisweilen, ob die Menschen sich auch um die „Fitness ihrer Seele“ kümmern, dafür auch Zeit investieren, so wie für das Joggen am Morgen. Zu meinem Sonntag gehört (oft nach dem Frühstück) ein Spaziergang schnellen Schrittes im nahe gelegenen Park dazu.

Es ist schon einige Jahre her, dass ich nach einer Taufe von der Familie zum Essen eingeladen und dabei um ein Tischgebet gefragt wurde. (Damals habe ich dieser Bitte noch entsprochen, inzwischen gebe ich sie meist an die Familie zurück und frage, ob nicht ein Familienmitglied beten möchte.) Ich weiß noch, wie nach dem Gebet jemand Freude strahlend meinte: „war das schön. Das müssten wir sonst auch machen!“. Und ja: es macht einen Unterschied aus, mit einem Tischgebet die Mahlzeit zu beginnen. Gerade hatten wir die Schwester von Juan mit ihren drei Töchtern zu Besuch: zwei Zwillingsmädchen mit 11 und die jüngere Schwester mit 9 Jahren. Auch hier haben wir beim Vorbeten abgewechselt und die Mädchen (mit Unterstützung durch ihre Mutter) zum Vorbeten eingeladen.

Zweimal in der letzten Zeit habe ich von Untersuchungen über erstaunlich langlebige Ordensleute, Frauen wie Männer, gelesen. Zu den Faktoren, welche scheinbar ein langes Leben fördern, gehört zum einen der soziale Zusammenhalt. Während ältere Menschen manchmal vereinsamen, geschieht das in Klöstern nicht so leicht. (Ausnahmen mögen die Regel bestätigen!) Aber zum anderen gehört auch eine geregelte Tagesstruktur dazu, welche Halt und Orientierung gibt.

Und wenn dann noch das Kirchenjahr mit seinem Reichtum dazu kommt…

 

 

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