Ich beginne noch einmal mit Pater Dall’Oglio, auf den sich
bereits der letzte und der vorletzte Post bezogen. Diesmal aber mit einer
Geschichte, die nur indirekt mit ihm zu tun hat. Bei der Buchvorstellung am 24.
Juli (vgl. Post vom 31.7.) kam es am Ende zu einer interessanten Begebenheit.
In die Schlussworte hinein rief einer der Besucher von hinten: „so - und jetzt
beten wir noch etwas gemeinsam, wir sind doch schließlich Christen“. Womit der
Rufer zumindest den anwesenden Imam der Großen Moschee von Rom leichtfertig
vereinnahmt hatte. Auf erste Gegenstimmen hinweg setzte der Rufer nach:
„wenigstens ein Vater-unser könnten wir doch beten!“ In der Reihe vor mir
ärgerte sich ein Mann sichtlich und schimpfte sehr vernehmlich vor sich hin:
„was soll denn das jetzt, beten? Wir sind doch hier nicht in einer Kirche!“. Es
war eine etwas merkwürdige Situation entstanden, tatsächlich griff auch niemand
den Gebets-Vorschlag auf…
Wenige Tage vor dem eben beschriebenen Ereignis hatte ich
der Predigt eines meiner „Lieblingsprediger“ zugehört, Pfarrer Stefan Jürgens (https://www.youtube.com/watch?v=YBPUahXG0UM&t=1813s),
Unter anderem erwähnt er in dieser Predigt das 1984 erschienene Buch von
Tatjana Goritschewa, Von Gott zu reden ist gefährlich. Auch ich hatte das Buch
damals gelesen. Und Pfarrer Jürgens fragt sich und die Zuhörenden aufgrund der
Erfahrungen, die er macht: „müsste man heute nicht eher sagen: `von Gott zu
reden ist – peinlich´“? Z.B. würden 99,9 Prozent der Brautleute, die zu einem
Ehevorbereitungsgespräch zu ihm kommen, auf die Frage, ob sie denn zusammen
beteten, verneinen.
Wenn scheinbar nur noch durchschnittlich sechs Prozent der
getauften Katholiken/Christen Gottesdienste mitfeiern, dann sehe ich da einen
Zusammenhang. Nicht nur, weil es ja auch dort peinlich werden kann, wie
regelmäßig festzustellen ist, weil Anwesende Gebete und liturgische Antworten
und Haltungen nicht (mehr) kennen. Nein, es fehlt ja schlicht und einfach der
Bezug zwischen einer Hochform der Liturgie wie etwa der Eucharistie und dem
alltäglichen Beten, am Morgen, am Abend, bei Tisch. Wenn deswegen im Zug von
Erstkommunionvorbereitungen angefragt wird, ob das überhaupt noch Sinn macht,
weil die Kinder aufgrund immer weniger Gottesdienste später gar nicht feiern
können, worauf sie sich vorbereiten, so möchte ich auch hier fragen, ob für die
Kinder denn wenigstens der „Alltagsbezug“ entstehen kann. Damit sie beim
Betreten einer Kirche nicht in eine für sie völlig andere und fremde Welt
geraten.
Klar, mit dem gemeinsamen und öffentlichen Beten ist das ja
wirklich so eine Sache. Mir geht es wie anderen, die einen gewissen Widerstand
spüren, wenn jemand zu schnell und zu laut von Gott spricht oder scheinbar zum
Beten drängt. Mir ist positiv in Erinnerung, wie mich ein Mitstudent in der
Mainzer Mensa fragte, ob ich eben gebetet hätte. „Wie kommst Du drauf?“ „Mir
ist aufgefallen, wie Du Dich vor dem Essen kurz besonnen hast“. Er hatte Recht.
Ich meine, von Karl Rahner einmal gelesen zu haben, dass er meinte, man müsse
ja nicht einem anderen mit einem demonstrativen Kreuzzeichen vor dem Essen den
Appetit verderben.
Gleichzeitig frage ich mich aber auch immer wieder, ob ich zu vorsichtig bin. Ob in der ein oder anderen Situation ein laut gesprochenes Gebet angebracht und ein gutes Zeugnis wäre. Inzwischen mache ich manchmal sehr bewusst ein Kreuzzeichen vor einer Mahlzeit im „öffentlichen Raum“.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen