Dienstag, 28. Februar 2023

Du bist ein Gott, der mich sieht.

 „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (vgl. Gen 16,13), dieses in der Fokolarbewegung vorgeschlagene „Wort des Lebens“ für den zu Ende gehenden Februar hat mich in diesem Monat begleitet.

An manchem Morgen, wenn ich mich für eine halbe Stunde auf meinen Gebetshocker setze, da hat dieser Satz gereicht. „Du bist ein Gott, der mich sieht!“ Mir macht dieser Blick keine Angst („Ein Auge ist, das alles sieht, auch was in dunkler Nacht geschieht!“). Nein, ich verbinde ihn eher mit Textzeilen aus Hymnen des Stundengebetes, die ich im Lauf meines Lebens schon oft gebetet habe. Und auch jetzt, wo ich Italienisch bete, schwingen diese deutschen Texte in mir weiter. „Ein Auge sieht auf uns herab, das über unsrem Leben wacht. Es sieht voll Güte unser Tun, vom frühen Morgen bis zur Nacht.“ Diesem gütigen Blick setze ich mich gerne aus. „Herr, wenn wir fallen, sieh uns an und heile uns durch deinen Blick. Dein Blick löscht Fehl und Sünde aus, in Tränen löst sich unsre Schuld.“ Noch eine Textzeile aus einem Hymnus des Stundengebets. So sieht Gott mich an!

An einem Sonntag im zu Ende gehenden Monat schien allerhand schief zu laufen. Am Ventil des Heizkörpers im Zimmer tropfte Wasser herunter, das Internet funktionierte nicht und dann hatte ich noch den Eindruck, nicht zu den alten Mauern auf dem Palatin eingelassen worden zu sein, obwohl ich vermutlich eine Eintrittskarte hatte, die das ermöglicht hätte. Ärger, Frust! Und dann kam wieder dieses Wort: „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Du siehst also auch meinen Ärger und meinen Frust. Also jetzt können wir schon zu zweit darauf schauen, Du und ich. Gemeinsam mit Gott auf meinen Frust schauen, das ändert schon ein wenig.

Der Kommentar zum „Wort des Lebens“ für Februar geht aber noch weiter. Gegen Ende steht dort: „Wir sind dazu aufgerufen, die Bedürfnisse der anderen wahrzunehmen, unseren Nächsten in ihrer Not zu helfen, ihre Freuden und Sorgen zu teilen und die Augen offen zu halten für die Menschen um uns herum.“ Hoppla! Also bin ich eingeladen, mich nicht nur von Gott anschauen zu lassen, sondern auch „göttlich zu schauen“. So wie er… Wie geht denn das, wie fange ich das an? Zum einen mag es sein, dass ich durch das „mich von ihm anschauen lasse“ hineinwachse, dass mein Blick dadurch verwandelt wird.

Mir kam dann aber auch die Seligpreisung Jesu aus der Bergpredigt in den Sinn: „Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen.“ (Mt 5,8) Mit einem reinen Herzen schauen. Gott entdecken. Auch und gerade im zwischenmenschlichen Miteinander. Was könnte da noch alles stehen für „rein“? „Katharos“ steht im griechischen Urtext und lässt an die Katharer denken, im Mittelalter als Häretiker verfolgt. Mit reinem Herzen schauen: absichtslos, interesselos… Bzw. vom Interesse am anderen bestimmt und geleitet. Gar nicht so einfach. Wenn ich genau „hinschaue“, gibt es doch manchmal etwas, das ich mir – heimlich – erwarte, und sei es ein wenig Anerkennung, das „gute Gefühl“ im Miteinander. Mit reinem Herzen schauen, wie Gott… wenn das nicht vermessen ist.

Deswegen kommt mir nach den Hymnen aus dem Stundengebet noch ein Psalm in den Sinn, den wir da regelmäßig beten, am Freitagmorgen oft: „Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz und einen festen Geist erneuere in meinem Innern!“ (Ps 51,12)

So bitte ich Gott, der auf mich schaut, um das reine Herz, um immer mehr so wie er schauen zu können. Vielleicht gilt ja auch: „Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden wie Gott schauen“.

 

Keine Kommentare: