Auch auf die Gefahr hin, dass
diejenigen enttäuscht sind, die das hier lesen und mich gerne „mit“
gesehen hätten: nach einem Monat ist er wieder ab und weg, der
Bart...
Im Urlaub war ich ja wandern, das
Gepäck im Rucksack auf dem Rücken. Unter anderen Dingen kam auch
der Rasierapparat aus Gründen der Gewichtsreduzierung nicht mit. Als
ich nach zehn Tagen zu Hause ankam, meinte mein Bruder: „Mensch,
lass doch. Sieht gut aus! Verleiht Dir Charakter!“ Natürlich
glaube ich nicht daran, dass Charakter und Bart unbedingt zusammen
hängen, aber ich griff Helmuts Anregung trotzdem auf.
Und bekam eher positive Rückmeldungen
wie: „Steht Dir/Ihnen gut!“, „Le queda bien“ meinte unsere
ecuadorianische Hauswirtschafterin. Im Nachhinein frage ich mich
natürlich auch, ob die positiven Rückmeldungen überwiegen, weil
negative Kritik nicht so schnell geäußert wird.
Bei der Provinzleitungssitzung meinte
der Provinzial – selbst Bartträger: „Männer mit Bart sind
kreativer!“. Und Thomas, früher jahrelang Bartträger ermutigte
mich: „Dich macht der Bart überhaupt nicht älter!“
Eine Ordensfrau befand: „Super! Ich
mag wilde Männer!“ Na ja...
Einer meinte auch: „aha,
Oberammergau?“ Dort lassen sich ja die Mitwirkenden bei den
Passionsspielen auch im Vorfeld den Bart wachsen.
Der Bart durfte also zunächst einmal
nach dem Urlaub weiter wachsen. (War in der Früh auch eine gewisse
Zeitersparnis!) Und es kam zu ersten Verwechslungen. „War das nicht
der...?“ „Nein, das war doch der P. Alois“. „Ich habe ihn
erkannt, als er zu sprechen anfing“. Oder in Oberrieden nach der
Messe: „das war aber heute kein Pater von Baumgärtle, oder?“
Ich selbst fühlte mich nicht so ganz
wohl mit den Gesichtshaaren, was nicht mit der Eitelkeit zu tun hat.
Klar, dass es nicht ohne graue Haare abgeht. Sind ja auf dem Kopf
sonst auch!
Ein indischer Mitbruder kam an einem
Sonntag nachmittags zu Besuch und als ich ihm die Tür öffnete,
stutzte er zunächst und meinte dann: „Alois, willst du jetzt Mönch
werden?“ Diese Assoziation hätte mir ja gefallen.
Und dann kam der schicksalhafte
Mittwoch in Mittelrieden. Am Sonntag danach hatte sich der
Unterallgäuer Bäuerinnenchor zum Singen in Maria Baumgärtle
angesagt, um Br. Anton zu seinem 70. Geburtstag zu gratulieren. Und
als ich am Mittwoch davor zur Abendmesse in Mittelrieden war, wo die
Vorständin des Bäuerinnenchors wohnt und gemeinsam mit ihrer
Tochter auch kirchenmusikalisch aktiv ist, da meinte diese: „aber
das kommt weg bis zum Sonntag!“ Und auf meinen leisen Widerspruch
hin erklärte sie: „das sieht ja auch wie bei Störtebecker“.
(Der war ein Legenden-umrankter Seeräuber Ende des 14.
Jahrhunderts).
Okay – die Frau allein hätte mich
natürlich nicht überzeugen können. Aber da ich selbst auch nicht
ganz glücklich war, schien mir der Zeitpunkt tatsächlich gekommen.
Und mit Hilfe des Internets machte ich mich auf die Suche nach einem
Friseursalon in der Nähe, der auch Rasur anbietet. Und wurde fündig.
Als ich am Freitag Vormittag dort saß
und in sehr angenehmer Atmosphäre den Bart weg rasiert bekam, da war
das so wie der vorletzte Teil des Urlaubs. (Der letzte kam noch
später beim Kauf neuer Wanderschuhe, weil ich mir bei den alten im
Urlaub endgültig die Sohle zum Teil abgelaufen hatte. Und diese
Schuhe waren bereits einmal neu besohlt worden).
Als ich also am Sonntag frisch rasiert
vor die Gemeinde trat, war die Vorständin des Bäuerinnenchors sehr
zufrieden. Bei anderen schlug mir herbe Enttäsuchung entgegen.
„Wieso hast Du...? Hat Dir so gut gestanden!“
Okay, es kommt ja vielleicht wieder
einmal ein Wanderurlaub...
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