Es raschelt(e) – im (zumindest
kirchlichen) Blätterwald. Heißt, es raschelt ja nicht mehr so viel,
es blinkt eher auf den Bildschirmen. Ein Münsteraner Pfarrer hat
„die Nase voll“. Das ist jetzt etwas zu salopp gesagt und trifft
es wohl auch nicht ganz. Der 55jährige Thomas Frings ist seit 30
Jahren gerne Priester, erlebt aber gleichzeitig, dass da irgendetwas
im kirchlichen Betrieb nicht stimmt. Und er benennt das sehr klar und
– das finde ich toll – ohne Vorwürfe an irgendeine Adresse zu
richten.
Mir scheint, der Pastor hat mehr Zu-
als Widerspruch erfahren. Und für seine Entscheidung, sich ab Ostern
aus dem Pfarrdienst „auszuklinken“ und erst einmal in einem
holländischen Kloster eine Auszeit zu nehmen, gibt es viel
Verständnis. Wenn nicht sogar Bewunderung. Wie sagte ein 75jähriger
Priester, mit dem ich diese Tage darüber sprach? „Der hat sich
getraut, ich hatte nicht den Mut dazu“.
Klar fühle ich mich als fast
gleichaltriger Priester, der es in diesem Jahr immerhin auch auf 25
Priesterjahre bringt, herausgefordert. Was mache denn ich (noch
hier)? Bin ich zu feige zu solch einem Schritt wie Thomas Frings?
In großer Dankbarkeit für seine
Entscheidung möchte ich beschreiben, was mich bei aller Zustimmung
zu seinen Analysen zu einer anderen Entscheidung bewegt.
Mir fiel als erstes mein erster
„Dienstgeber“ als Bischof ein, ich war nach der Priesterweihe
drei Jahre Kaplan in Klagenfurt am Wörthersee. Bischof war damals
Egon Kapellari, der später als Bischof nach Graz wechselte und
inzwischen seinen wohlverdienten Ruhestand lebt. Auch wir damaligen
Kapläne setzten dem Bischof manchmal mit kritischen Fragen zu.
Fragten zum Beispiel die in Kärnten so beliebte „Fleischweihe“
an. Dabei geht es – für Nicht-Kärntner sei es erklärt – um die
österliche Speisensegnung, die sich in Österreichs Süden jedoch
irgendwie verselbständigt hat und für nicht wenige Menschen das
eigentliche und ausschließliche kirchliche Osterereignis ist. Sollen
wir da mit machen? - so unsere Frage. Und der Bischof versuchte uns
zu ermutigen, die pastorale Chance zu nutzen – worüber man
trefflich streiten kann. Er gebrauchte jedoch eine Formulierung, die
mich seit damals begleitet: „wir müssen das `Gottes-Gerücht´
aufrecht erhalten“.
Immer habe ich versucht, bei der
Fleischweihe in Kärnten und bei anderen Gelegenheiten an anderen
Orten, den Leuten mit Humor zugewandt und in einer teilweise
säkularen Sprache etwas von Gott zu erzählen, bzw. ihn gemeinsam
mit ihnen zu entdecken. Was manchen sehr dürftig vorkommen mag –
das kann so sein, ich lasse das stehen.
Und dann habe ich mich zwar nicht in
ein Kloster zurück gezogen, wie Thomas Frings das tun wird. Aber ich
habe meine Entscheidung für eine Ordensgemeinschaft getroffen. Und
ich versuche, in dieser und mit meinen Mitbrüdern „das
Gottes-Gerücht aufrecht zu erhalten“. Was zunächst einmal gar
nicht mit Pastoral und Predigt zu tun hat! Allein das Zusammenleben
dieser unterschiedlichen Typen, bei inzwischen bedenklicher
Altersstatistik, hat etwas mit dem „Gottes-Gerücht“ zu tun.
Klar freue ich mich über pastorale
Erfolge, über einen guten oder bisweilen überdurchschnittlichen
Kirchenbesuch! Aber ich relativiere diese Zahlen gleichzeitig.
Und, ja, das auch noch: ich bin davon
überzeugt, dass sich die konkrete Gestalt unserer Kirche und ihrer
Auftrittsmodalitäten vor Ort ändern wird. Und da erlebe ich
durchaus auch, dass es darauf ankommt, eine Zerrissenheit aushalten
zu können. Denn teilweise gibt es noch eine heile Welt, wo
gleichzeitig an anderen Orten schon alles „zusammengebrochen“ zu
sein scheint. Bernd Hagenkord von Radio Vatikan benannte vor kurzem
als Herausforderung, „die Verbindung von Universalität und
Lokalität bei medialer Gleichzeitigkeit zu leben“. Auch so eine
Formulierung, die mich ansprach.
So gehe ich neugierig weiter, in der
Hoffnung, Wichtiges nicht zu verschlafen und das Nötige und
Geforderte auch zu tun...