Mittwoch, 15. April 2015

am Morgen

„Die Sache konzentriert angehen und gut frühstücken!“ Im Vorbeigehen bei der Fahrschule hörte ich diesen Gruß der Fahrlehrerin an einen jungen Mann, der vermutlich gerade seine letzte Fahrstunde vor der Führerscheinprüfung gemacht hatte. Die nächste Fahrschülerin wartete schon im Auto. „Die Sache konzentriert angehen und gut frühstücken!“ Dieser Rat passt vermutlich nicht nur im Hinblick auf die Führerscheinprüfung.

Eine weitere Station für mich an diesem Nachmittag war das Flüchtlingsheim. Ich wollte noch einmal bei der syrischen Familie vorbei schauen, die vor einem guten Monat über ihre Flucht erzählt hatte. Seit damals hatte ich den Besuch geplant. Und jetzt hatte ich kein Glück: er war beim Sprachkurs und sie mit den Kindern beim Markt in der Stadt. Wobei ich mich über diese Information ja freute. Keine Untätigkeit also, kein abstumpfendes Herumsitzen.

Eine Dame, die gerade den Deutschkurs für einige Frauen dort beendet hatte, erklärte mir, dass die Leute morgens lange schlafen. „Aber jetzt, wenn das Wetter schöner wird, stehen sie vielleicht doch früher auf!“ Ich möchte nicht unbedingt einen Vorwurf an die Menschen im Flüchtlingsheim daraus machen: was soll man tun, wenn man nicht arbeiten darf und der Sprachkurs erst am Nachmittag stattfindet? Vielleicht doch einfach morgens länger liegen bleiben?

Wobei wir wieder bei der Gestaltung des Morgens wären: liegen bleiben, gut frühstücken?
Ich erinnere mich noch an Clemens, der zwar bereit war, mich in der Früh auf dem Weg zu seiner Arbeit zum Bahnhof in Heidelberg mit zu nehmen, damit ich pünktlich zur Vorlesung in Mainz war. Aber er machte mir klar, dass es mit ihm – dem typischen „Morgenmuffel“ - dabei kein Gespräch geben würde. Konnte ich, obwohl kein „Morgenmuffel“ gut damit leben.

Mir scheint er wichtig, der Morgen, der Start in den Tag. Vom verstorbenen Bischof Hemmerle wird erzählt, dass er befreundete Bischöfe und andere Menschen in sein Morgengebet hinein nahm. Und einer, der ihn im Urlaub wecken wollte, hörte nach dem Anklopfen an der Zimmertür: „ich bin gerade in Afrika, es dauert noch ein Weilchen“.

Menschen, die mir lieb sind, schon am Morgen in mein Gebet hinein nehmen. Aber vielleicht nicht nur solche, die mir lieb sind. Vom erwähnten Bischof Hemmerle erzählt man auch, dass er schon morgens betend seinen Tag mit den Begegnungen, die vor ihm lagen, durch ging.

Bei mir ist es eher ein Gebet im Schweigen, mit ganz wenigen Worten – das kommt eher vor, wenn meine Gedanken abschweifen. Auch das passiert.
Und seit einiger Zeit schließe ich dieses Morgengebet mit Worten, welche die selige Elisabeth von der Dreifaltigkeit formuliert hat:
O mein Gott, Dreifaltigkeit, die ich anbete:
Hilf mir, in Dir zu wohnen, regungslos und friedvoll,
so als weilte meine Seele bereits in der Ewigkeit.
Nichts soll meinen Frieden stören können,
nichts mich aus Dir heraus ziehen können,
o mein Unwandelbarer;
vielmehr soll mich jede Minute weiter hineinführen
in die Tiefe Deines Geheimnisses.
Schenk Frieden meiner Seele,
mach sie zu Deinem Himmel, zu Deiner geliebten Wohnung
und zum Ort Deiner Ruhe.
Gib, dass ich Dich dort nie allein lasse,
sondern ganz da bin, ganz wach in meinem Glauben,
ganz anbetend,
ganz ausgeliefert an Dein schöpferisches Handeln.

Keine Kommentare: