Montag, 15. Oktober 2012

Theology Slam

Im Radio habe ich unlängst von einem „poetry slam“ gehört – eine Art Kleinkunstwettbewerb. Kabarettisten begeben sich nacheinander auf die Bühne und stellen ihr Programm vor, wozu sie eine genau fest gelegte Zeit zur Verfügung haben. Und das Publikum stimmt darüber ab, wer seine Sache am besten gemacht, bzw. am meisten Unterhaltungswert gehabt hat. So kann ein Sieger, bzw. eine Siegerin gekürt werden. Und scheinbar hat so manche Kabarettistenkarriere mit solch einem Wettbewerb begonnen.

Wenig später las ich dann in der Zeitung von einem „science slam“. Hier besteht die Aufgabe für die Teilnehmenden darin, einen wissenschaftlichen Sachverhalt in einer vorgegebenen Zeit möglichst einleuchtend und ohne „Fachchinesich“ zu erklären. Im erwähnten Zeitungsartikel war davon die Rede, dass hierbei – ganz wissenschaftlich – die Dezibelstärke des gespendeten Beifalles gemessen wird und entscheidend sei für die Bestimmung des Siegers. Also erklärt zum Beispiel einer ein „Schwarzes Loch“ und ein anderer einen Zusammenhang aus der Gentechnik und die Zuhörenden klatschen umso lauter, je mehr sie verstanden haben.

Während ich noch über den poetry slam und den science slam nachdenke – und zugegebenermaßen Gefallen an beidem finde – kommt mir die Idee eines „theology slam“. Wie wäre das, wenn Theologen innerhalb kurzer Zeit einen theologischen Sachverhalt, ein „Glaubensgeheimnis“ allgemein verständlich zu erklären versuchten und Zuhörende dass bewerten könnten?

Wobei – Vorsicht beim Weiterlesen: jetzt kommen die Einwände, wobei...

Also zum einen ist natürlich auch Theologie „science“ und ich fände es reizvoll, wenn unter den Natur- und Geisteswissenschaftlern, die da irgendwelche Sachen über „Schwarzes Loch“ und „Neurolinguistik“ erklären, auch ein Theologe mit der „Dreifaltigkeit“ vertreten wäre. Das spricht gegen einen eigenen eigenen „theology slam“...

Zum anderen schwanke ich auch noch: auf der einen Seite gefällt mir diese „slam – Form“. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob dadurch nicht auch eine Form des Umgangs mit Information und Wissen unterstützt wird, die in Frage gestellt werden muss. Durch die mediale Informationsaufbereitung sind wir inzwischen an Informationsaufnahme im „Häppchen-Format“ gewöhnt. Ob das gründlich genug ist, ob da tiefere Zusammenhänge aufgezeigt werden können? Vielleicht wäre es hin und wieder angebracht, sich der Mühe zu unterziehen, ein ganzes Buch (oder zwei) zu lesen, um eine Sache zu verstehen oder dem Verständnis zumindest näher zu kommen.

Und in Verbindung damit ein weiterer vorsichtiger Einwand: so sehr mir die Publikumsbeteiligung gefällt – und ich mich tatsächlich auch immer über ein „Lob“ für eine Predigt freue – so sehr hege ich da gleichzeitig eine gewisse Skepsis. Lässt sich der Beifall ganz eindeutig allein auf die Darstellung eines Sachverhaltes beziehen? Oder wird damit auch der Inhalt selbst „beklatscht“?
Über Glaubensinhalte könnte man eben nicht auf diese Weise „abstimmen“. Und nur weil einer die Sache „appetitlich“ und anregend „rüber bringt“, muss noch nicht unbedingt richtig sein, was er da gesagt hat.

Auf jeden Fall müsste man sich gut überlegen, welche Bedingungen Redner/innen und Zuhörende bei einem etwaigen theology slam erfüllen müssten. Zum Beispiel könnte man ja überlegen, ob man nur Menschen mit einem akademischen Abschluss in Theologie auf die Bühne lässt.
Mir geht die Frau nicht aus dem Sinn, die ich bei einer Fronleichnamsprozession zum Kind neben sich sagen hörte: „so, jetzt knien wir uns hin, weil in diesem Brot in der Monstranz, da ist Jesus!“. Natürlich hatte sie eine andere Ausgangssituation als ich bei der Predigt zuvor in der Kirche. Aber ob ich in gut sieben Minuten Redezeit die Sache so auf den Punkt zu bringen vermochte, wie die Frau in einem Satz?

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