Im November vorigen Jahres hatte ich Madrid verlassen. Und bin nun nach einem Jahr fuer eine Woche hierher zurueck gekommen, um Mitbrueder und Bekannte zu treffen und eine Woche in die Sprache einzutauchen, um diese nicht zu verlieren.
Meine Aufgabe damals waren die Besuche im Abschiebehaftzentrum (CIE – centro de internamiento de extranjeros) und so interessiert mich vor allem, wie es dort steht.
Schon damals warteten wir auf die Ausfuehrungsbestimmungen zum neuen Auslaendergesetz. Immer noch wird darauf gewartet, obwohl laut Recht diese Ausfuehrungsbestimmungen spaetestens sechs Monate nach der Verabschiedung des Gesetzes erscheinen muessten. Inzwischen sind 20 Monate ins Land gezogen.
Trotzdem gibt es Verbesserungen. Waehrend uns damals nur die nachmittaegliche Besuchszeit zugestanden wurde, was konkret lange Wartezeit und wenig Besuchszeit bedeutete, duerfen die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter “meiner NGO (Pueblos Unidos)” inzwischen am Vormittag in das CIE – Gebaeude. Und sie duerfen dort ohne zeitliche Beschraenkung mit den Menschen reden und auch mehr als eine Person pro Tag besuchen. Ausserdem muessen sie nicht durch die Glasscheibe (wie am Bankschalter) reden, wie es den nachmittaeglichen Besuchern zugemutet wird.
“Wen hast Du heute besucht?” fragte ich Queño. “Zwei aus Mauretanien und einen aus Marokko” erzaehlte er mir. Die zwei jungen Kerle aus Mauretanien kamen mit dem Schiff uebers Meer und wurden, als sie aufgegriffen wurden, als Kapitaene des Schiffes bezeichnet und deswegen wegen Menschenhandels zu Freiheitsstrafen verurteilt. Ob die Anklage berechtigt war, sei einmal dahin gestellt. Auf jeden Fall haben die beiden jetzt ihre dreijaehrige Freiheitsstrafe im Gefaengnis abgesessen und kamen von dort direkt ins Abschiebehaftzentrum.
Einen Tag nach Queños Besuch bekamen wir mit, dass sie frei gelassen und nicht, was die andere Moeglichkeit gewesen waere, abgeschoben wurden. Wobei die Freilassung fuer die beiden ebenso ein Problem darstellte, denn sie waren ja nie in Freiheit in Spanien unterwegs. Das heisst, sie stehen jetzt auf der Strasse in einem fuer sie voellig fremden Land.
Eine der kleineren Parteien, die sich am 20. November zur Wahl stellte, lud zu einer Kundgebung im Madrider Stadtteil Lavapies ein. Es wird die Schliessung des CIE gefordert und fuer jeden der dort einsitzenden 300 Gefangenen soll eine Kerze entzuendet warden. Leider begann die Veranstaltung erst um 23.00 Uhr.
Pueblos Unidos sammelt weiter Daten und Fakten aus dem CIE und wird zum Jahresende wieder einen Bericht vorstellen und an die Presse geben, in dem auf Unregelmaessigkeiten und Fragwuerdiges im CIE hingewiesen wird. Unterstuetzung gibt es inzwischen von einem Untersuchungsrichter, der auch schon einmal Kontrollbesuche im CIE unternimmt.
Auch Agustin traf ich wieder, Pfarrer in der Cañada Real, von jemandem als momentan groesster Drogenumschlagsplatz Europas bezeichnet. Und es ist eben auch die “Favela Madrids”. Konkret erzaehlte Agustin, dass es die Stadt seit Schuljahrsbeginn nicht geschafft habe, fuer die Kinder einen Schulbus zu schicken. Auf der anderen Seite bekommen die Eltern Mahnbriefe mit Strafandrohungen, weil sie ihre Kinder nicht zur Schule schicken. Wie wird das nach den Wahlen mit absehbaren weiteren Kürzungen geraden in den Bereichen Bildung und Soziales weiter gehen?