Donnerstag, 3. März 2011

Freundschaft


Vor ein paar Tagen habe ich ein E – Mail von einem Freund bekommen. Ich freute mich, „Lieber Alois“ begann es. Beim Lesen bekam ich den Eindruck, dass die Anrede zwar persönlich war, der Rest aber wohl ein Mail, das sich an mehrere richtete. Tatsächlich wartete ich beim Lesen auf die Antwort auf eine Frage, die ich meinem Freund in meinem letzten Mail gestellt hatte – und fand sie nicht, das kräftigste Indiz für die „unpersönliche Mail“.

Das Thema „Freundschaft“ geht mir immer wieder einmal durch den Kopf bzw. das Herz. Am Fest des Apostels Matthias am 24. Februar lasen wir einen Text aus dem Johannesevangelium (15,9-17), wo Jesus daran erinnert, dass er die Seinen nicht mehr Knechte nennt, sondern Freunde genannt hat (Joh 15,15). Freund Jesu sein, Jesus zum Freund haben, mit ihm in Freundschaft verbunden sein...
Wobei Jesus im selben Zusammenhang recht klar macht, dass es dabei nicht um „traute Zweisamkeit“ geht, die Freundschaft will ausgeweitet werden, unter all den Seinen gelebt werden.
Und da gilt für Ordensgemeinschaften dasselbe wie für natürliche Familien: Brüder und Schwestern kann man sich nicht aussuchen, im Gegensatz zu den Freunden.

Ich kann mich erinnern, dass ich bei einer der ersten Predigten des damals gerade neuen Papstes Benedikt XVI. aufmerkte, als er seine Zuhörer nicht mit „liebe Brüder und Schwestern“, sondern mit „liebe Freunde“ ansprach. Wobei ich das bisher nicht übernommen habe, wenn ich predige.

„Von Menschen und Göttern“ heißt der inzwischen mit vielen Preisen ausgezeichnete Film über eine Gruppe von Trappistenmönchen, von denen sechs 1996 in Algerien auf gewaltsame Weise ums Leben kamen. In Frankreich war der Film ein Kassenschlager, im deutschen Sprachraum scheint er nur in ausgewählten Kinos zu laufen. Auf mehrfache Weise ist in diesem Film „Freundschaft“ Thema. Ob es um die Beziehungen der christlichen Mönche zu den einheimischen Muslimen geht, ob es um die Beziehungen der Mönche untereinander geht – es gibt in ihrer nüchternen Alltäglichkeit sehr bewegende Szenen.

Und ich habe mir noch einmal das Testament des Priors der Gemeinschaft, Frere Christian de Chergé durch gelesen. Dessen Schluss (der ganze Text lässt sich leicht im Internet finden), in dem Frere Christian auch seinen Mörder als Freund anspricht, möchte ich auch hier an das Ende stellen:

In diesen Dank, mit dem nun alles über mein Leben gesagt ist, schließe ich sicherlich Euch ein, Freunde von gestern und von heute, Ihr lieben Freunde von hier, zur Seite meiner Mutter und meines Vaters, meiner Schwestern und Brüder, hundertfach hinzu geschenkt, wie es versprochen war.
Und auch Du bist eingeschlossen, Freund meines letzten Augenblicks, der Du nicht weißt, was Du tust! Ja, auch für Dich will ich diesen Dank und dieses A-Dieu, das Du beabsichtigt hast. Daß es uns geschenkt sei, uns als glückliche Schächer im Paradies wiederzusehen, wenn es Gott, dem Vater von uns beiden, gefällt. Amen. Inch‘Allah
 


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