Montag, 15. September 2025

Beim Friseur in Rom

Allerhand habe ich schon mit bzw. bei Friseuren erlebt: irgendwo hoch im Norden, ich weiß nicht mehr ob Flensburg oder Kiel, war ich bei einem türkischen, der den Haaren im Ohr mit Feuer zu Leibe rückte. Ohne Vorwarnung war ich zunächst einmal erschrocken. Weniger jedoch, als vor vielen Jahren in Indien, wo der Haarschnitt mit einer Kopfmassage endete. Für mein Empfinden ziemlich ungestüm schob der Friseur meinen Kopf nach vorne und hinten, nach links und rechts, einmal hörte ich es dabei im Genick deutlich knacken und bekam es wirklich mit der Angst zu tun. Ich habe überlebt.

Für den Schwaben ist natürlich das finanzielle Argument mit ausschlaggebend. So war in Brasilien abgesehen vom frischen Schnitt der dafür bezahlte Preis von umgerechnet etwa drei Euro durchaus erfreulich. 

Hier will ich mich auf Friseurerlebnisse in den vergangenen römischen Jahren beschränken. Auf der Suche nach einem Figaro stieß ich zunächst auf Sergio und blieb ihm längere Zeit treu, sammelte sogar Stempel auf der berühmten Stammkundenkarte und bekam den elften Haarschnitt gratis.

Ein anderes Mal betrat ich den Salon von aus Bangladesch stammenden Friseuren, sieben Euro verlangte der junge Mann, der für mich in Rom bis dahin günstigste Preis, ich gab ihm acht.

Nicht weit weg von zu Hause ging ich eines Tages zu einem älteren italienischen Herrn, obwohl der Salon etwas „abgewohnt“ aussah. Er legte mit der Schere los und als ich ihn fragte, ob denn auch eine Maschine zum Einsatz käme, schien er fast beleidigt. Von wegen, hier wird nur mit der Schere gearbeitet. Immerhin sei er 83 Jahre (ich weiß nicht mehr die genaue Zahl, aber es war auf jeden Fall über 80) und schon Jahrzehnte im Geschäft. Nach Abschluss der „Behandlung“ kam ich mir etwas „zerrupft“ vor. Aber: Respekt vor diesem Engagement mit solch einem Alter! 

Vor einiger Zeit fiel mir ein wohl neu eröffneter Salon von Chinesen auf. Der weibliche Teil der Familie ist im Nagelstudio aktiv und die Männer schneiden nebenan Haare. Einige Male war ich jetzt dort – beim Friseur, nicht im Nagelstudio.

Mein letzter Friseurbesuch sollte deswegen auch wieder dorthin führen, aber unterwegs entdeckte ich noch ein anderes kleines Lädelchen und dachte mir: „ich riskiere es!“ „Cleopatra“ heißt der Salon und tatsächlich wird er von Ägyptern betrieben, wir mir auf Nachfrage bestätigt wurde. Ich war der einzige Kunde und nachdem mir der Meister einen Platz angeboten hatte, fragte er, ob er noch kurz eine Zigarette rauchen dürfe: „nur zwei Minuten!“. Was machst Du jetzt, wenn Du schon einmal dasitzt? Der Mann ging kurz vor die Tür und zündete sich seinen Glimmstängel an. Woanders hatte ich durchaus länger als zwei Minuten gewartet, bis ich an die Reihe kam. Für den Deutschen ist solch ein Verhalten natürlich ungewöhnlich. Aber nach kurzem musste ich über den Ausdruck der Souveränität dieser Arbeitsmoral lächeln. Vielleicht sollte ich das auch versuchen. „Erst mal Pause!“ Im kleinen Geschäft war orientalische Musik zu hören, ebenfalls gewöhnungsbedürftig. Mein Friseur begann mitzusingen oder zu -summen und mir begann die Melodie dabei zu gefallen.

Obwohl der Meister – direkt an der Glastür des Geschäftes stehend – während des Haarschnitts auch das Geschehen auf Bürgersteig und Straße verfolgte und ab und zu einem Passanten zunickte, war ich mit dem Ergebnis zufrieden und würde wieder dorthin gehen.