Vor Jahren schon musste ich schmunzeln beim Betreten bzw. Verlassen einer Kirche in der Nähe von Rom. An der einen Tür gab es einen schriftlichen Hinweis: „wir machen darauf aufmerksam, dass in unserer Diözese am Sonntag keine Trauungen stattfinden“. An der anderen Tür war die Gottesdienstordnung einzusehen, darauf mindestens an einem Sonntag – ganz genau erinnere ich mich nicht mehr – eine Trauung. Kommt darauf an, wohin Du schaust...
Ähnlich erging es mir Provinz- und Studentatshaus der Mitbrüder der italienischen Provinz. Vor dem Speisesaal ein Blatt mit dem Hinweis: „im Speisesaal verwenden wir kein Handy“. Im Speisesaal ist wenigstens die Hälfte der dort Sitzenden am Handy, wenn nicht gerade am Telefonieren, dann doch am chatten oder surfen.
Oder im Valle della Caffarella, dem Park hier in der Nähe, in dem ich regelmäßig spazieren gehe. An mehreren Stellen stehen Hinweisschilder, welche Hundebesitzer darauf aufmerksam machen, ihren Hund an die Leine zu nehmen. Meiner Einschätzung nach lassen wenigstens 80% der Menschen mit Hund diesen frei laufen. Was aber – zugegebenermaßen – gut funktioniert. Obwohl dort auch regelmäßig Mountainbiker, andere Fahrradfahrer, Jogger und Spaziergänger unterwegs sind.
Als ich diese meine Beobachtungen einmal bei Tisch erzählte, meinte der italienische Mitbruder grinsend: „Du musst flexibel sein!“ Das ist es wohl.
Das gilt nicht zuletzt auch im italienischen/römischen Straßenverkehr, der deswegen durchaus herausfordernd für den an deutschen Verkehr gewohnten Menschen ist. Hier über einen Zebrastreifen zu gehen ist anders als in Deutschland. Regelmäßig sehe ich Hand- und Armsignale. Entweder macht der Fußgänger mit einer Armbewegung deutlich, dass er wirklich die Absicht hat, die Straße zu überqueren. Oder der Autofahrer, der knapp vor dem Fußgänger auf dem Zebrastreifen vorbei fährt, entschuldigst sich gleichzeitig bei diesem mit einem Handzeichen. Im Normalfall wird das auch akzeptiert.
An der Fußgängerampel stellen sich mir Fragen regelmäßig, wenn ich dort kleine Kinder in Begleitung eines Erwachsenen sehe. Denn das „Rot“ ist hier relativ: wieso die Straße denn nicht überqueren, wenn gerade kein Auto kommt? Was ich regelmäßig tue. Da ich aber nicht weiß, ob die Eltern ihre Kinder dazu erziehen, oder vielleicht aus Sorge doch auf das Farbsignal achten, bleibe ich im Normalfall stehen, wenn ich Kinder sehe – und diese nicht selbst bei Rot die Straße überqueren.
All dies zeigt grundsätzliche Unterschiede im Verständnis von Geboten und Vorschriften und den Umgang damit auf. Was sich durchaus auch im kirchlichen Bereich niederschlägt. Wie heißt es in der Kirche so schön: „die Italiener machen die Gesetze und die Deutschen halten sich daran“. Es ist eine andere Art des Zugangs. Und ich möchte da nicht ins Bewerten geraten. Das Italienische hat eher mit „leben und leben lassen“ zu tun. Verbissene Lagerkämpfe mag es auch geben, aber sie sehen wieder anders aus als „im Norden“.
Noch so ein Klischee-Satz, der damit zu tun hat: „die Deutschen lieben die Italiener, aber sie bewundern sie nicht. Die Italiener bewundern die Deutschen, aber sie lieben sie nicht.“ Klar, pauschal... Und die Liebe lässt dann auch Bewundernswertes entdecken...
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