Am 14. November 2020 wurde das 40-Jahr-Jubiläum des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes (JRS – Jesuit Refugee Service) begangen. Vor einem Jahr war da noch eine große, eventuell mehrtägige Veranstaltung angedacht worden. Jetzt wurde eine nachmittägliche Zoom-Konferenz daraus. An dieser konnte ich teilnehmen und sie hat mich berührt und beeindruckt.
Angesichts der aus Vietnam fliehenden Boat-People hatte 1980 der damalige Generalobere der Jesuiten P. Pedro Arrupe die Idee, etwas für diese Menschen zu tun. Wobei ich damit jetzt wohl sehr oberflächlich einen geistlichen Entscheidungsprozess formuliert habe. Natürlich kann man fragen, ob das 40-Jahr-Jubiläum eines solchen Flüchtlingsdienstes überhaupt „gefeiert“ werden kann. Was würde P. Arrupe dazu, heute sagen? Der aktuelle Direktor des JRS meinte dazu, Pedro Arrupe könnte wahrscheinlich kaum glauben, dass heute Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken. Heute ist der JRS in 56 Ländern der Welt für etwa 800.000 geflüchtete Menschen da. Wobei man davon ausgeht, dass insgesamt 80 Millionen Menschen auf der Flucht sind, von denen nur ein kleiner Teil den reichen Norden der Welt erreicht.
Im JRS arbeiten Jesuiten mit vielen Haupt- und Ehrenamtlichen zusammen, darunter sind auch Ordenschristen aus verschiedenen Gemeinschaften. Womit ich zu meiner persönlichen Geschichte mit dem JRS komme. Im Jahr 2009 sollte ein von den europäischen Missionaren vom Kostbaren Blut (C.PP.S.) lange erwünschtes Projekt seinen Anfang nehmen: eine internationale Gemeinschaft von C.PP.S. im Dienst an Immigranten. Madrid schien dafür ein geeigneter Ort und ich durfte mit dabei sein. Um mich vorzubereiten fragte ich beim österreichischen JRS-Vertreter an, ob ich eine Art Praktikum in einer JRS-Einrichtung machen könnte und er nannte mir Rom und Malta. Woraufhin ich mich für Rom entschied. Im Herbst 2009 arbeitete ich sechs Wochen beim Centro Astalli in Rom mit, hauptsächlich bei der mittäglichen Essensausgabe. Ein erster Kontakt mit einer für mich bis dahin fremden Welt. Während meiner Zeit dort bekam ich auch etwas von den anderen Aktivitäten des Centro Astalli mit: Rechtsberatung, Sprachkurse, Unterkünfte. Und nicht zuletzt Bewusstseinsbildung. Jährlich wird ein Wettbewerb für Schüler veranstaltet, wobei es darum geht, sich mit der Thematik auseinander zu setzen. Und es gibt auch Besuche von Geflüchteten in Schulen, welche dort ihre Geschichte erzählen.
Ende des Jahres zog ich dann nach Madrid. Und stellte fest, dass wir unser Projekt nicht sehr gut vorbereitet hatten. Zwar waren wir jetzt in einer Gemeinschaft zusammen, zwei spanische C.PP.S., ein italienischer und ich deutscher, dazu ein spanischer Kandidat für die Gemeinschaft und ein junger Senegalese ohne gültige Papiere. Schon diese Mischung war spannend. Aber es fehlte noch ein konkretes Arbeitsfeld. Wir wandten uns an die Vereinigung der spanischen Ordensleute, welche uns an die Jesuiten verwies. Diese wiederum erklärten, sie könnten noch Mitarbeiter im Besuchsdienst eines Abschiebehaftzentrums brauchen. Dafür erklärten wir uns bereit und das wurde für die kommenden Monate auch meine „Arbeit“. Völlig anders als bisherige „klassische“ Seelsorgsaufgaben wie Pfarrei, Gemeindemission oder Exerzitien. Wie viel habe ich gelernt! Nicht nur in der direkten Arbeit. Sondern auch weil es von „Pueblos Unidos“, einer Nichtregierungsorganisation der Jesuiten in Madrid, die wiederum mit dem JRS verbunden ist, ein ganz tolles Begleitprogramm für die ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen gab. Ich erinnere mich an so manchen Vormittag, an dem wir in einem sehr kalten Saal saßen, die Jacken hatten wir nicht ausgezogen, und über unsere Arbeit reflektierten.
Ein beeindruckendes Erlebnis während des knappen Jahres in Madrid war die Teilnahme an einer Tagung in Brüssel, wo sich europäische JRS-Mitarbeiter begegneten, welche in verschiedenen Ländern Europas in Abschiebehaft-Zentren arbeiteten. Welch ein spannender, manchmal auch bedrückender Austausch! Schon damals ging es um die völlig unzureichenden Dublin-Gesetzes-Regelungen, da ist die EU inzwischen nicht wirklich weiter gekommen.
Zurück in Deutschland hat dann der Kontakt mit dem JRS nicht aufgehört. Als wir in Maria Baumgärtle vier mal nacheinander einzelne Männer als Kirchenasylanten aufgenommen hatten, war ich sehr dankbar, mich darüber mit dem Münchner JRS-Vertreter austauschen zu können.
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