Samstag, 15. August 2015

Religiöse Kunst im Internet

Mit dem Fahrrad war ich hier in der Gegend unterwegs. Und blieb in einem kleinen Weiler bei einem Kapellchen stehen, dessen Türe offen stand. Die kleine Kapelle scheint neu zu sein, es sieht alles frisch aus. Und es steht Gott sei Dank auch nicht allzu viel darin herum, wie in anderen Kapellen, die manchmal den Eindruck machen, „Entsorgungsorte“ für fromme Gegenstände zu sein. Nein, hier wohltuend. Beim Hinausgehen bemerkte ich noch den Kreuzweg an den Wänden der Kapelle: kleine Schwarz-Weiß-Lithografien hinter Glas. Und das Besondere: die Bildunterschriften zu den jeweiligen Stationen auf französisch. Nanu!?
Ob die Kapelle von frankophilen Menschen erbaut wurde? Immerhin steht vorne neben dem Altar auf einem Podest die Lourdes-Madonna (, ebenfalls mit französischer Bezeichnung).
Meine erste Vermutung war jedoch, dass die Menschen beim Kirchenbau auf der Suche nach einem Kreuzweg für ihr Kapellchen im Internet gesucht haben und vermutlich dort fündig wurden.

Ähnliches begegnet mir manchmal. In Salzburg hat uns eine Wohltäterin über E-Bay einen neuen Himmel für Fronleichnam ersteigert. Der bisherige Himmel war tatsächlich unansehnlich, so dass wir für diese Spende dankbar waren. Und ich meine, es gab sogar eine Herkunfts- und Altersbeschreibung für den kunstvollen Stoff, der an der Decke des Fronleichnam-Prozessions-Himmels angebracht wurde und nun an Fronleichnam durch die Straßen eines Salzburger Stadtteils getragen wird.

Und vor kurzem brachte eine Frau hierher zwei Statuen mit der Bitte, sie zu segnen. Eine Jesus- und eine Marien-Statue. Für meinen Geschmack so „kitschig-hässlich“, dass ich mir das Segnen einen Moment überlegte. Aber ich will ja nicht meinen Geschmack zum Maßstab machen. Einer Freundin der Frau war ihre Marienstatue herunter gefallen und zerbrochen. So dass sich die Frau kurzerhand entschloss, im Internet auf die Suche zu gehen und tatsächlich fündig wurde und die beiden Statuen kaufte, die Maria für die Freundin und den Jesus für sich.

Das Internet ist also auch ein Marktplatz für religiöse Gegenstände unterschiedlicher Qualität. Was mir im Hinblick auf den aus Frankreich stammenden Kreuzweg in der kleinen Kapelle zu denken gibt, ist der Wandel in der Beziehung zu solchen Kunstgegenständen. Wenn nicht zuerst einmal in der eigenen Umgebung geforscht wird oder eventuell sogar daran gedacht, einen (heimischen) Künstler um eine Arbeit zu bitten. Sondern der Marktplatz Internet aufgesucht wird. Das hat nichts mit einem übertriebenen Lokalpatriotismus zu tun. Und auch sonst ist der Kunstmarkt ja international und wir leben in einer globalisierten Welt. Obwohl die Produkte oder besser Kunstwerke der Augsburger Silberschmiede weit verbreitet sind, ist es doch auch schön, regionale Eigenheiten, wie etwa einen „oberschwäbischen Barock“ fest machen zu können.

Könnte also der Bezug zu solch einem Kreuzweg in einem kleinen schwäbischen Kapellchen nicht noch ein anderer sein, wenn er eigens angefertigt würde, vielleicht von einem in der Gegend beheimateten Künstler? Bzw. wenn er aus einem diözesanen Depot stammte und man die Vorgängerkirche kennt, in welcher er angebracht war?

Klar gibt es in Sachen Kunst einen Markt und darunter fallen auch religiöse Gegenstände. Aber wenn solche Sachen im Internet „verhökert“ werden, dann fallen damit vielleicht auch Grenzen, die einen guten Sinn gehabt haben.

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