Montag, 18. Oktober 2010

Abschied...

Am 20. September trafen wir uns, wie im letzten Bericht erwähnt, mit den zuständigen Provinzialen und unserem Generalmoderator in Fatima und legten eine Art Bilanz unseres Lebens und Tuns seit dem Beginn der internationalen Gemeinschaft im vergangenen November vor. Außerdem machten wir deutlich, dass es für den Fortbestand, bzw. die Weiterentwicklung des Projektes zwei Voraussetzungen gibt: de facto bin ich als Mitglied der deutschsprachigen Provinz das einzige frei gestellte Mitglied. Die italienische und die polnische Provinz stellen niemanden, Italien zumindest nach dem Rückzug von Valerio nicht mehr, die beiden Mitbrüder der iberischen Provinz sind nicht wirklich frei, sondern mit Pfarrei, Aus- und Fortbildung gut beschäftigt. Außerdem schiene uns notwendig, der internationalen Gemeinschaft auch durch eine räumliche Trennung von der Hausgemeinschaft in Orcasitas eine größere Eigenständigkeit und mehr Möglichkeiten (z.B. Aufnahme von Immigranten) zu schaffen.

Unsere Mitbrüder „legten die Stirn in Falten“ und sagten uns, sie würden sich am Freitag, den 24. September noch einmal mit der internationalen Gemeinschaft beschäftigen. Bei dieser Beratung sahen sie, dass keine der europäischen Provinzen die Möglichkeit hat, jemanden für das Projekt frei zu stellen. Deswegen haben die Provinziale das Projekt aufgelöst.

Und obwohl ich mit dem Einverständnis der Provinziale der deutschsprachigen und der iberischen Provinz hier bleiben könnte, habe ich mich entschieden, wieder in meine Provinz zurück zu kehren, weil die Voraussetzungen, unter denen ich hierher kam, einfach nicht mehr gegeben sind.

Diese Entscheidung ist keine leichte, weil ich mich nach den Startschwierigkeiten (neue Sprache, Umgebung, Kultur etc.) inzwischen hier wohl fühle und die konkreten Mitbrüder, mit denen ich zusammen lebe, sehr schätze – wir sind eine gute Hausgemeinschaft. Auch die getane Arbeit der Besuche im Schubhaftzentrum scheint mir gut und wichtig zu sein.

Auf der anderen Seite war ich doch nicht ganz ausgelastet, was ich im ersten Jahr mit dem Erlernen der Sprache kompensieren konnte. Auf Dauer ginge es jedoch darum, mehr Dinge zu entwickeln, weitere Tätigkeitsfelder zu entdecken. Und so etwas scheint mir für mich als Ausländer hier halt doch eher schwierig zu sein. Deswegen werde ich Anfang November nach Traunstein zurück kehren, ohne schon zu wissen, wo ich dann was tun werde.

Bis dorthin möchte ich jedoch den ganz normalen Alltag leben und kann so auch von einem Besuch im Schubhaftzentrum am vergangenen Mittwoch erzählen. Houdou, der Senegalese, den ich besuchte, wirkte derart gelassen, dass ich gefühlsmäßig zwischen Bewunderung und Staunen einerseits und Ärger (über das, was mir beinahe Fatalismus schien,) schwankte. Auch Javier, ein Caritas – Mitarbeiter, wollte Houdou besuchen. Aber nachdem jeder der dort Inhaftierten nur einen Besuch pro Tag empfangen darf, einigten wir uns darauf, dass ich ins Sprechzimmer gehe und Javier übergab mir die Oropax, die sich Houdou erbeten hatte, vermutlich um besser schlafen zu können.

Beim Warten lernte ich Sonia kennen, eine Ecuadorianerin, die ihren Mann besuchte. Sie erzählte mir, dass sie Diabetikerin sei und sich Insulin spritzen muss. Da sie wirtschaftlich von ihrem Mann abhängig ist und dieser im CIE sitzt und von der Abschiebung bedroht ist, sieht es für sie persönlich auch recht düster aus. So fehlt ihr beispielsweise manchmal das Geld, um sich das nötige Insulin zu kaufen. Eine der verrückten Situationen, von denen es viele hier gibt.

Madrid, den 15.10.10 P. Alois Schlachter C.PP.S.


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