Die Steyler Missionare feiern in diesem Jahr ihr 150jähriges
Bestehen. Offizieller Titel der (mit rund 6000 Mitgliedern, die größte Gruppe
darunter sind inzwischen die Indonesier) sechstgrößten Männergemeinschaft
innerhalb der katholischen Kirche ist Societas Verbi Divini
(auf Deutsch: Gesellschaft des göttlichen Wortes), Ordensabkürzung also SVD (was
hin und wieder als „sie verteilen Drucksachen“ gedeutet
wurde/wird).
Anlässlich ihres Jubiläums veranstalteten die Steyler Ende März einen dreitägigen Kongress im an der römischen Jesuitenuniversität Gregoriana angesiedelten Kongresszentrum Matteo Ricci. Das Generalatshaus der Steyler ist nicht weit von unserem entfernt und in der Generalleitung ist ein Deutscher, Br. Michael. Von ihm erfuhr ich vom Kongress und konnte mich anmelden.
„Missio Dei in der heutigen Welt. Wunden heilen, durch die Postmoderne herausgefordert, von Kulturen lernend, durch Religionen inspiriert“, so der Titel (in meiner Übersetzung), der sich dann auch in der Struktur der Tage widerspiegelte.
Der Hauptorganisator P. Stanislaus Lazar SVD hat eine großartige Arbeit geleistet und ich bin immer noch beeindruckt vom Kongress.
Die Struktur der Tage war jeweils gleich: eine Keynote-Speech zum Auftakt, danach drei bzw. vier Workshop-Sessions, eine Kaffeepause und anschließend noch einmal zwei Vorträge im Plenum. Zwei der ursprünglich eingeplanten Keynote-Speaker mussten ersetzt werden. Thomas Halik, auf den ich mich sehr gefreut hatte, war erkrankt. Für ihn sprang ein junger Kollege (ebenfalls von der Karls-Universität aus Prag) ein. Felix Wilfred war gestorben und wurde durch Catherine Cornille vom Boston College ersetzt.
Mir gefiel die ökumenische Weite und ich genoss unterschiedliche Zugänge. Am zweiten Tag etwa sprach eine jüngere niederländische Professorin, ordinierte protestantische Pastorin und Mutter zweier Kinder. Sie ging durchaus ganzheitlich-kreativ vor in ihrer Auseinandersetzung mit christlicher Mission und Postmoderne. So verließ sie einmal kurzzeitig ihr Rednerpult, um „stille Post“ zu spielen. Sie flüsterte einem in der ersten Reihe etwas ins Ohr mit der Bitte, ihre Botschaft „weiter zu flüstern“. Ungefähr nach zehn Personen, welche die Botschaft jeweils weiter geflüstert hatten, fragte sie, was der Letzte in der Reihe gehört hatte. „Postmodernity“. Worauf sie verriet, was sie dem Ersten ins Ohr geflüstert hatte: „The postman is dirty“. Tja, Vorsicht also…
Nachdenklich machte mich ein in Brasilien lehrender Xaverianer-Missionar, der sich eher kritisch bezüglich des „Dialogs“ zeigte. „Wir gehen vorsichtig damit um, weil er trotz aller wohlwollenden Äußerungen nicht auf Augenhöhe geführt wird und deswegen manchmal kein echter Dialog ist“. Ähnlich äußerte sich auch noch jemand anderer während der Tagung im Hinblick auf den interreligiösen Dialog. „Manchmal hat man den Eindruck, dass da eine Gruppe `über den Tisch gezogen´ werden soll“. Ob ich dieses Thema bisher zu unbedarft angegangen bin?
Nachdem die Steyler Medienprofis sind, wurden die meisten Vorträge aufgezeichnet und können auf ihrem YouTube-Kanal noch einmal angeschaut werden. Natürlich wird auch ein Tagungsband veröffentlicht werden. Im Generalat haben sie übrigens ein kleines Fernsehstudio eingerichtet und produzieren auch regelmäßige Nachrichtensendungen von hoher Qualität.
Nicht zuletzt gefiel mir in diesen Tagen die Mischung aus einem durchaus hohen akademisch-intellektuellen Niveau und der Bodenhaftung andererseits. Es tat gut, unter und mit diesen Menschen zu sein.