Mittwoch, 30. April 2025

Kirchliche Gebäude

Neben der schlichten Pfarrkirche in Klagenfurt-Annabichl, dort begann ich nach der Priesterweihe 1991 meinen Dienst, wurde in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Pfarrzentrum gebaut, darin ein Saal und verschiedene Räume für pfarrliche Aktivitäten.

Während meiner Zeit in Klagenfurt hörte ich, hoffentlich habe ich das richtig in Erinnerung behalten, dass der frühere Bischof Köstner bei der Einweihung des Pfarrzentrums den Menschen der Pfarre sagte: „aber vergesst nicht, dass die Kirche das eigentliche Zentrum der Pfarre ist!“.

In unseren Tagen, in welchen zumindest Diözesen im deutschsprachigen Raum kritisch ihren Immobilienbestand prüfen, fiel mir die Geschichte von damals wieder ein. Es gab eine Phase, in welcher viele Pfarr- und Gemeindezentren gebaut wurden. Sicherlich hängt das damit zusammen, dass „aus der Pfarrei eine Gemeinde werden“ sollte und der Kirchenraum als liturgischer Ort für diesen Zweck nicht genügend Möglichkeiten zu bieten schien. Heute werden viele kirchlichen Gebäude, seien es die Kirchen selbst oder eben die Pfarr- und Gemeindezentren schlicht nicht mehr gebraucht bzw. scheinen die finanziellen Möglichkeiten es nahezulegen, sich von dem ein oder anderen Bau zu trennen.

Das tut (vielen) weh und ich bin weit davon entfernt, diesbezüglich etwas schönreden zu wollen. Und doch: vielleicht hilft es uns, einen Schritt zurück zu treten und nachzudenken.

Könnte es sein, dass die Gemeinde- und Pfarrzentren in gewisser Weise ein „Schnellschuss“, ein Fehler, um nicht gar von „Sündenfall“ zu sprechen, waren? Klar: hinterher weiß man es immer besser. In „nachkonziliarer Euphorie“ konnten kaum Zweifel am Bau eines Gemeindezentrums aufkommen, im Gegenteil, es war geradezu Ausdruck eines neuen, gewandelten Selbstverständnisses der Gemeinde vor Ort.

Heute reden wir von „Kirche im Sozialraum“ und versuchen als Kirche mit verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren zusammen zu arbeiten, uns bestmöglich zu vernetzen, z.B. im Sozialbereich oder im Einsatz für ökologische Fragen. Vielleicht kann es in diesem Zusammenhang auch als Chance gesehen werden, wenn sich die ein oder andere kirchliche Gruppe für ihre Treffen auf „Raumsuche“ begeben muss. Das neue Miteinander sieht völlig anders aus als in den Jahren vor der Existenz von Pfarr- und Gemeindezentren, in welcher die Menschen (zumindest diejenigen männlichen Geschlechts) nach der Liturgiefeier zum Frühschoppen ins (Dorf-)Wirtshaus gingen. Diese Form von „Kirche im Sozialraum“, in welcher Kirche noch ein wichtiger „Player“ war, ist vorbei. Heute kann die Kontaktaufnahme mit „Nicht-Kirchgängern“ vielleicht in dem ein oder anderen Fall tatsächlich mit der Anfrage um einen Raum beginnen, bzw. eine sich für irgendein Anliegen gebildete Gruppe sucht gemeinsam danach.

Wo es allerdings noch kirchlichen Gebäudebestand gibt, sollte abgesehen von Verkaufsüberlegungen die Nutzung desselben kritisch hinterfragt werden. Wie zugänglich sind die Räume, wie verfügbar? Was ich immer wieder erlebt habe ist die Vermietung von Gemeinderäumen für z.B. Familienfeiern oder andere private Feste. Eine Win-Win-Situation: die Gruppe hat einen geeigneten Raum, die Pfarrei ein wenig Einkommen.

Ein anderes Projekt, das ich selbst erlebt habe: in unserer (Missionare vom Kostbaren Blut) ehemaligen Pfarrei Hl. Kreuz in Traunstein wohnte für einige Zeit ein ökologisch engagierter Priester, der auf unserem Grundstück einen „Schöpfungsgarten“ angelegt hat und mit ganz verschiedenen Menschen in diesem Garten arbeitete. Dieses Projekt geht weiter auch nach dem Wegzug des Priesters. Und die „Schöpfungsgärtner“ treffen sich für die ein oder andere Besprechung im Pfarrhaus, wo ihnen unser ehemaliges großes Esszimmer mit der Küche nebenan zur Verfügung steht.

Mich selbst schmerzte es, dass ich bei meinen Mitbewohner/innen keinen Rückhalt fand, um eine Anfrage einer Nachbarin positiv zu beantworten, die unseren Garten für die Feier eines Kindergeburtstags nutzen wollte. Viele Bedenken: „könnte ein Präzedenzfall werden. Und wenn etwas passiert, Versicherungsfragen…“, welche das Projekt letztlich nicht zustande kommen ließen.

Dienstag, 15. April 2025

Mission (Missio Dei) in der heutigen Welt

Die Steyler Missionare feiern in diesem Jahr ihr 150jähriges Bestehen. Offizieller Titel der (mit rund 6000 Mitgliedern, die größte Gruppe darunter sind inzwischen die Indonesier) sechstgrößten Männergemeinschaft innerhalb der katholischen Kirche ist Societas Verbi Divini (auf Deutsch: Gesellschaft des göttlichen Wortes), Ordensabkürzung also SVD (was hin und wieder als „sie verteilen Drucksachen“ gedeutet wurde/wird).

Anlässlich ihres Jubiläums veranstalteten die Steyler Ende März einen dreitägigen Kongress im an der römischen Jesuitenuniversität Gregoriana angesiedelten Kongresszentrum Matteo Ricci. Das Generalatshaus der Steyler ist nicht weit von unserem entfernt und in der Generalleitung ist ein Deutscher, Br. Michael. Von ihm erfuhr ich vom Kongress und konnte mich anmelden.

„Missio Dei in der heutigen Welt. Wunden heilen, durch die Postmoderne herausgefordert, von Kulturen lernend, durch Religionen inspiriert“, so der Titel (in meiner Übersetzung), der sich dann auch in der Struktur der Tage widerspiegelte.

Der Hauptorganisator P. Stanislaus Lazar SVD hat eine großartige Arbeit geleistet und ich bin immer noch beeindruckt vom Kongress.

Die Struktur der Tage war jeweils gleich: eine Keynote-Speech zum Auftakt, danach drei bzw. vier Workshop-Sessions, eine Kaffeepause und anschließend noch einmal zwei Vorträge im Plenum. Zwei der ursprünglich eingeplanten Keynote-Speaker mussten ersetzt werden. Thomas Halik, auf den ich mich sehr gefreut hatte, war erkrankt. Für ihn sprang ein junger Kollege (ebenfalls von der Karls-Universität aus Prag) ein. Felix Wilfred war gestorben und wurde durch Catherine Cornille vom Boston College ersetzt.

Mir gefiel die ökumenische Weite und ich genoss unterschiedliche Zugänge. Am zweiten Tag etwa sprach eine jüngere niederländische Professorin, ordinierte protestantische Pastorin und Mutter zweier Kinder. Sie ging durchaus ganzheitlich-kreativ vor in ihrer Auseinandersetzung mit christlicher Mission und Postmoderne. So verließ sie einmal kurzzeitig ihr Rednerpult, um „stille Post“ zu spielen. Sie flüsterte einem in der ersten Reihe etwas ins Ohr mit der Bitte, ihre Botschaft „weiter zu flüstern“. Ungefähr nach zehn Personen, welche die Botschaft jeweils weiter geflüstert hatten, fragte sie, was der Letzte in der Reihe gehört hatte. „Postmodernity“. Worauf sie verriet, was sie dem Ersten ins Ohr geflüstert hatte: „The postman is dirty“. Tja, Vorsicht also…

 

Nachdenklich machte mich ein in Brasilien lehrender Xaverianer-Missionar, der sich eher kritisch bezüglich des „Dialogs“ zeigte. „Wir gehen vorsichtig damit um, weil er trotz aller wohlwollenden Äußerungen nicht auf Augenhöhe geführt wird und deswegen manchmal kein echter Dialog ist“. Ähnlich äußerte sich auch noch jemand anderer während der Tagung im Hinblick auf den interreligiösen Dialog. „Manchmal hat man den Eindruck, dass da eine Gruppe `über den Tisch gezogen´ werden soll“. Ob ich dieses Thema bisher zu unbedarft angegangen bin?

 

Nachdem die Steyler Medienprofis sind, wurden die meisten Vorträge aufgezeichnet und können auf ihrem YouTube-Kanal noch einmal angeschaut werden. Natürlich wird auch ein Tagungsband veröffentlicht werden. Im Generalat haben sie übrigens ein kleines Fernsehstudio eingerichtet und produzieren auch regelmäßige Nachrichtensendungen von hoher Qualität.

 

Nicht zuletzt gefiel mir in diesen Tagen die Mischung aus einem durchaus hohen akademisch-intellektuellen Niveau und der Bodenhaftung andererseits. Es tat gut, unter und mit diesen Menschen zu sein.