Montag, 30. September 2019

Religions for peace

Von 20.-23. August fand in Lindau die 10. Weltversammlung von Religions for Peace statt. Einiges davon ließ sich über Internet im Live-Stream verfolgen. Und ich hatte mich ein paar Mal eingeklinkt. Dies und die Berichterstattung über die Veranstaltung bewogen mich dann auch, zu einem der „öffentlichen Anlässe“ während dieser Tagung nach Lindau zu fahren.

Am Mittwoch Abend gab es eine „Tafel der Lindauer Gemeinden, am Marktplatz zwischen den Kirchen“. Tatsächlich liegen evangelische und katholische Kirche auf der Insel in unmittelbarer Nachbarschaft und der Platz zwischen den Kirchen bot sich regelrecht an.

Die Lindauer Bevölkerung war eingeladen, „zu zweit zu kommen und Essen für fünf mitzubringen“. So war auf dem Platz eine lange Tafel aufgebaut, die wirklich voll beladen war mit vielen Köstlichkeiten. Eine Vorgabe war, auf Schweinefleisch zu verzichten.

Denn eingeladen zur Tafel an diesem Abend waren die 900 Delegierten der Weltversammlung, Vertreter verschiedener Religionen aus aller Welt und eben die Lindauer Bevölkerung. Das Wetter spielte mit und der Abend war wunderbar!

Natürlich schon das bunte Bild der Menschen aus aller Welt in ihren bunten Gewändern. Der Pfarrer der evangelischen Gemeinde begrüßte auf Englisch, der katholische Pfarrer auf Deutsch und dann grüßte auch noch ein Vertreter der muslimischen Gemeinde.

Ich genoss zunächst das Bild des Platzes und entdeckte dann ein bekanntes Gesicht: Roberto Catalano, am Zentrum der Fokolarbewegung für den interreligiösen Dialog zuständig. Neben diesem Italiener saß ein weiterer Fokolar aus Singapur und eine brasilianische Jugendliche der Bewegung. Ich setzte mich zu diesen dreien und nutzte die Gelegenheit, mit Roberto ins Gespräch zu kommen. Er hat 28 Jahre in Indien gelebt und ich schilderte ihm ein wenig die Situation unserer Mitbrüder in Indien.

Auf der anderen Seite des Tisches saß ein junger Mann, der mit unserem Italienisch scheinbar nicht so viel anfangen konnte. Und so wandte ich mich auch ihm zu. Bei ihm handelte es sich um einen Deutschen mit marokkanischen Wurzeln. Und er ist der Gründer der moslemischen Pfadfinder in Deutschland. Ein sehr beeindruckender Mensch. Voller Begeisterung erzählte er mir, wie es seiner Organisation gelungen war, einen neuen UN-Gedenktag „einzuführen“: den Tag des „friedlichen Zusammenlebens“, jeweils am 16. Mai. Denn er meinte, am Welttag des Friedens, den es ja schon länger gibt, da gehe es eher um Waffen und Abrüstung, aber „friedliches Zusammenleben“ beinhalte ja noch viel mehr.

Irgendwann waren Alphornklänge zu hören. Tatsächlich waren zu Beginn auch Musik und Tanz angekündigt worden. Ich machte mich um 20.00 Uhr wieder auf den Weg. Es war etwas frisch geworden und ich hatte ja noch einen längeren Heimweg.

Immer noch aber erfüllt mich Freude und Dankbarkeit über diesen Abend. Wie ein Bild für den Himmel! Menschen aus aller Welt und Angehörige verschiedener Religionen sitzen miteinander am Tisch und unterhalten sich, lernen einander kennen und verstehen.

Ich kenne mich in den anderen Religionen zu wenig aus, im jüdisch-christlichen Bereich spielen Gastmähler eine große Rolle. Der Bibelwissenschaftler Franz Mußner meinte sogar: „Das Wesen des Christentums ist Essen und Trinken“. (Diesen Hinweis verdanke ich Katrin Brockmüller in ihrem Artikel in Bibel heute 3/2019, S. 32). Offensichtlich war Mußner mit dieser Idee nicht allen. Denn auch Józef Niewiadomski wies in seiner Innsbrucker Abschiedsvorlesung am 25.6.2019 auf seinen Lehrer P. Walter Kern SJ hin, der gesagt hatte: „Christsein heißt miteinander essen“.

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