Donnerstag, 31. Dezember 2020

Weihnachten international

In italienischen Haushalten und Kirchen werden mit dem 8. Dezember der Christbaum und auch die Krippe (noch ohne Jesuskind!) aufgestellt. Also auch hier im Haus. Unbedarft fragte ich, ob wohl ein richtiger, ein echter Baum gekauft würde. „Wo denkst Du hin?“ Einmal hatten sie das wohl gemacht, aber der Baum hatte an Weihnachten alle Nadeln verloren. Also: Kunstbäume. Oh Schreck! Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt... Plastikbäume, die dann mit weiterem Plastik und bunten, oft blinkenden Lichterketten behängt werden.

Juan kaufte Unmengen an Weihnachtsschmuck ein, ganz begeistert kam er vom Großmarkt zurück, weil er die Sachen zu herunter gesetzten Preisen bekommen hatte. Und dann machte er sich ans Werk im Außenbereich und erbat auch meine Hilfe. Insgesamt umwickelten wir 12 Baumstämme (jetzt echte, Pinien und andere...) von unten nach oben mit Lichterketten, am Schluss mit Hilfe einer Leiter. Und das macht sich zu zweit schon besser. Während Juan nicht genug von blinkenden Lichtern im Garten bekommen konnte, bat ich innerlich jeden Baum um Verzeihung, wenn wir ihn mit einer solchen Lichterkette umwickelten. Als in den Abendnachrichten einmal Bilder aus den USA zu sehen waren, verstand ich Juan. Er hat zwölf Jahre dort gelebt. Glitzerwelt...

Ich selbst genieße es zugegebenermaßen viel mehr, wenn ich vor der Messe um 7.30 Uhr schon eine halbe Stunde im Garten spazieren kann und dabei sehe, wie es hell wird, die Sonne aufgeht, der Himmel seine Farbe von dunkelgrau zu hellblau verwandelt.

Ein anderes „Weihnachtsthema“ ist das Essen. Überall sind die Traditionen anders. In Italien und in Polen, wo zwei unserer Schwestern daheim sind, gibt es am Heiligen Abend Fisch, das Fleisch dann erst am Weihnachtstag. Und in Polen beginnt das Ganze mit Barschtsch, Rotebetesuppe. Das ist jetzt für Menschen aus anderen Nationen schon aufgrund der Farbe ungewohnt, fremd. De facto hatten wir dann außer Barschtsch auch Hühnersuppe. Und Pierogi (Piroggen): mit einer Mischung aus Kraut und Pilzen gefüllte Teigtaschen, welche zum Barschtsch (bzw. zur Hühnersuppe) gegessen werden.

Weihnachtsplätzchen (oder Keks, Brötle, Laible, Loible, je nach Landstrich heißen oder schmecken sie ja in Deutschland verschieden) sind keine gebacken worden. Was bin ich dankbar für ein Päckchen von zu Hause. Außerdem sind die von Mama sowieso am besten! In Italien wird zu Weihnachten gerne Panettone verschenkt und gegessen. Hier bei uns gibt es auch noch Sernik, Käsekuchen, klein geschnitten.

Lieder, jedes Land hat eigene Weihnachtslieder, aber es gibt auch international bekannte. Zwei Tage vor Heilig Abend brachten wir unsere Weihnachtsgeschenke bei zwei Schwesterngemeinschaften vorbei. In der zweiten, dem Generalat der Anbeterinnen des Blutes Christi, waren wir auch zum Mittagessen eingeladen. Mit uns gemeinsam und den Schwestern aßen auch fünf Mitarbeiterinnen der Schwestern, welche am Vormittag gemeinsam mit zwei Schwestern einen Einkehrtag gemacht hatten. Und nach dem Essen sollte ein Weihnachtslied gesungen werden, in der internationalen Gemeinschaft ein überall bekanntes. „Astro del ciel“, „fang Du an! Der Originaltext ist deutsch“, sagten sie zu mir. „Ich kenne das doch gar nicht“, wehrte ich mich. Bis Juan mir half und erklärte, dass es um „Stille Nacht“ geht. Da war ich dann sogar textsicher und begann auf Deutsch. Nach mir ging es dann auf Kroatisch, Italienisch, Spanisch, Polnisch und Englisch weiter. Die Brasilanerin zog später noch mit einer portugiesischen Strophe nach. Lediglich die Tanzanianerinnen und die indischen Schwestern aus Kerala sangen jeweils ein anderes Weihnachtslied. Eine kleine Überwindung: ich mag es ja eigentlich gar nicht, „Stille Nacht“ schon vor dem Heiligen Abend zu singen. Aber hier schien es mir zu passen und beim Singen und Zuhören entstand eine besondere Atmosphäre unter uns. Die dann noch dichter wurde, als auch hier Geschenke ausgetauscht wurden. Die Mitarbeiterinnen der Schwestern erhielten ihren Panettone. Und überreichten den Schwestern Lebensmittel für die Bedürftigen, die einmal in der Woche dorthin kommen, um sich etwas zu essen abzuholen. „In diesem besonderen Jahr schien uns das am besten zu passen“, sagte die Sprecherin der Mitarbeiterinnen und die Schwestern stimmten freudig zu.

Dienstag, 15. Dezember 2020

Weihnachts-Predigt(en)

Im Oktober ging es in diesem Blog zweimal nacheinander ums Predigen. Und diese Posts haben einige Reaktionen ausgelöst. Zustimmende, von Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen, und kritische – eher die Predigenden in Schutz nehmend...

Umfragen bestätigen, dass nach wie vor für viele, die einen Gottesdienst mit feiern oder besuchen, die Predigt dabei einen hohen Stellenwert hat. Allerdings bin ich da schon länger auch ein wenig vorsichtig.

Bestätigt wurde ich darin durch zwei Jesuiten, deren Texte ich in den vergangenen Wochen gelesen habe. Es sind jeweils jahrzehntealte und doch immer noch höchst aktuelle Gedanken. Beim Inder Michael Amaladoss geht es um einen Aufsatz, im Fall von Adolfo Nicolas um Ansprachen, die er für das Centro Astalli, die Zweigstelle des weltweiten Jesuiten-Flüchtlingsdienstes gehalten hat.

Beide äußern – ich gebe das natürlich hier sehr verkürzt wieder – eine gewisse „Skepsis“ gegenüber der Predigt. „Die Menschen glauben den Predigten nicht mehr“. Bzw. sie kommen nicht aufgrund von Predigten zum Glauben. Was also tun? „Erfahrungsräume des Glaubens“ schaffen, Begegnungen, Situationen, die ein Fenster in Richtung Glauben öffnen, oder besser eine Tür, die sich öffnen, durchschreiten lässt...

Wir feiern Weihnachten. Das ist die Grundlage für Jesu Predigten. Hinter den uns von den Evangelisten zusammengestellten Worten Jesu steht als Grundlage seine Menschwerdung. Heißt: bevor Jesus sich mit Worten an die Menschen wandte, ist er erst einmal einer von ihnen geworden, hat sich auf die Menschenwelt eingelassen, ist von innen her in sie eingetreten. Dieses Grundereignis muss beim Hören auf Jesu Worte immer mit gehört werden.

Und wir können daraus verschiedene Schlussfolgerungen ziehen. Z.B. eine für das persönliche Leben. Such bei Jesus nicht nach irgendwelchen Regeln und Vorschriften, sondern suche IHN, lerne seine Gegenwart in Dir und den anderen, in der Welt und in allem wahrzunehmen.

Als Mitglied der Gemeinschaft der Missionare vom Kostbaren Blut, welche gegründet wurde, um, vor allem durch Volksmissionen und Exerzitien einen Beitrag zur Erneuerung der Kirche zu leisten, überlege ich natürlich auch, wie das heute geht. Predigt war immer ein ganz wichtiges Standbein, wobei die Predigt im Rahmen der Volksmission auch ein gewisses Setting hatte. Und wenn Missionare dabei mit einem Totenschädel auftraten oder sich gar noch selbst geißelten, dann ging es da nicht nur um Worte. Wie überhaupt Mission ein ganzheitliches Geschehen war, bis hin zum Abliefern der Waffen, dem Verbrennen von schlechter Literatur, der Rückgabe gestohlener Gegenstände... Nicht nur Worte!

Mit großer Freude war ich immer wieder daran beteiligt, Glaubenserfahrungen zu ermöglichen, einen Raum dafür zu öffnen, dieses „Aktionsfeld“ ist sicher noch ausbaufähig.

Bischof Heiner Willmer von Hildesheim sprach vor einiger Zeit von der Bedeutung des Küchentisches. Sich miteinander um den Küchentisch setzen. Da wird nicht „gepredigt“ (vielleicht auch manchmal:)), sondern Leben ausgetauscht.

Die Krippe ist kein Küchentisch, aber vielleicht lädt sie ein zu einem solchen Austausch mit demjenigen, der da – Mensch geworden – auf Dich wartet, Dir zuhört und Dir etwas sagen will...