Donnerstag, 28. Februar 2019

Ordensoberinnen-Konferenz

„Liebe, ehrwürdige Schwestern“, grüßte der Bischof zu Beginn der Messe. Und ich musste mir das Lachen verkneifen, ein Schmunzeln ist es dann wohl doch geworden. Ich hatte mich in die zweitvorderste Bank gesetzt, um dem Bischof im wörtlichen Sinn „entgegen zu kommen“. Denn ich selbst als Zelebrant finde es immer komisch, befremdlich oder auch traurig, wenn die Mitfeiernden die vorderen Bände frei lassen und gleichsam einen „Sicherheitsabstand“ wahren.

Die Messe mit dem Bischof fand zum Abschluss der Frühjahrskonferenz der Ordensober/inn/en in der Diözese Augsburg statt. Ich war zum ersten Mal dabei und erhöhte dadurch den Männeranteil wesentlich. Unter schätzungsweise 80 Teilnehmenden waren wir fünf Männer. Während des Referats ging eine Teilnehmer-Liste durch, mit der Bitte, zu korrigieren bzw. Fehlendes nachzutragen. In der ersten Spalte der Liste war Platz für die Anrede. Und eine Schwester erzählte mir, sie habe das „Ehrwürdige Schwester“ gestrichen, weil sie das einfach nicht will. Sie möchte Frau unter Frauen sein und freut sich, dass ihr Kloster auch mitten in der Stadt ist. Da braucht es kein „ehrwürdig“. Beim Mittagstisch war das noch einmal Thema und eine andere Schwester sekundierte: schon verschiedentlich habe sie darum gebeten, auf diese Anrede zu verzichten. Und damit auch einmal einen Politiker (Landrat?) in Verlegenheit gebracht. „Wie soll ich Sie denn dann anreden? Soll ich einfach `liebe Schwester´ sagen?“ „Ja, wieso denn nicht?“

Der Bischof hatte natürlich diese Gespräche nicht mit bekommen, er kam erst zur Messe. Und fing eben dann zu meiner inneren (Schaden-)Freude so wie oben erwähnt an.

Es gab aber durchaus noch anderes Erfreuliches im Lauf dieses Tages. Z.B. saß ich neben einer Schwester, die mir sagte, sie sei mit 78 Jahren die jüngste in ihrer aus fünf Schwestern bestehenden Gemeinschaft. „Die älteste ist 92 und sie unterstützt mich am meisten“. Woraufhin ich mir dachte: „dann bin ich ja als 54jähriger und auch jüngster von uns sechs Mitbrüdern noch gar nicht so übel dran“.

Als Referentin zu dieser Ordensober/inn/en-Konferenz eingeladen war Sr. Ruth Pucher MC, die den Bereich Ordensentwicklung im Wiener Kardinal-König-Haus leitet. Mit großer Kompetenz und Geschick hat sie durch den Tag begleitet und dabei spürbar aus einem reichen Erfahrungsschatz geschöpft.

Es ging um Individualität und Gemeinschaft. Ganz lustig war das Beispiel einer Schwesterngemeinschaft, in welcher es für manche Schwestern wie ein Befreiungsschlag bzw. ein entscheidender Schritt ihrer Individualisierung war, das Ordenskleid abzulegen und zivile Kleidung zu tragen. Die Frauen, die heute in diese Gemeinschaft eintreten, möchten jedoch im Normalfall gerne das Ordensgewand und tragen es auch. Ganz deutlich soll ihre Lebensentscheidung werden! Weil diese heute in die Gemeinschaft eintretenden Frauen nicht mehr alle ganz jung sind, kann es schon einmal vorkommen, dass sich Außenstehende fragen, wer jetzt die Novizin und wer die Novizenmeisterin ist. Und dann doch: ein wenig Individualität muss sein – die jüngeren Schwestern haben begonnen, zum Ordenskleid hin und wieder einen bunten Schal zu tragen. Mal grün, mal rosa gepunktet. Was wiederum die Generaloberin dieser Gemeinschaft für pfiffig hielt. Und sie hat das übernommen und ist jetzt auch mit buntem Schal zu sehen.

Sr. Ruth hat in Österreich federführend das Konzept des freiwilligen Ordensjahres entwickelt. Frauen und Männer können dabei eine Zeit (wenigstens drei Monate bis zu höchstens einem Jahr) in einer Ordensgemeinschaft mit leben. Wobei es nicht zuerst um „Rekrutierung“ geht. Die dabei gemachten Erfahrungen sind sehr bereichernd für beide Seiten. Konvente besinnen sich neu auf das, was ihr (gemeinsames) Leben ausmacht, Mitlebende genießen einen festen Tagesrhythmus und Gebetszeiten...

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