Montag, 15. Januar 2018

Frühstück im Missionshaus

Es hat beides etwas für sich: allein am Tisch zu sitzen oder gemeinsam mit anderen. Es gab Zeiten, in denen ich es genoss, allein mit der Zeitung am Frühstückstisch. Und wer das so gewohnt ist, der tut sich eher schwer, wenn er einmal in einer großen Tischgesellschaft sitzt. Wenn bei Festen die ganze Verwandtschaft zusammen kommt, der Geräuschpegel hoch ist etc.

Hier vor Ort freue ich mich, mit anderen zusammen am Tisch zu sitzen. Zu sechst sind wir im Normalfall. Manchmal ist einer unterwegs, manchmal haben wir noch einen Gast, so variiert unsere Zahl.
Ähnlich wie in manch anderen Ordenshäusern wird bei uns im Normalfall nach einer Mahlzeit gleich für die nächste aufgedeckt. Der Luxus eines Esszimmers, das fast ausschließlich für diesen Zweck genutzt wird! Woanders ist das ja nicht so.
Also decken wir nach dem Abendessen ab, und gleich für das Frühstück am nächsten Tag auf. Was eine „kleine Wissenschaft“ ist und auch alle eines Besseren belehrt, die meinen, „im Kloster“ würden alle über einen Kamm geschoren.

O nein! Es fängt damit an, dass drei von uns Müsli-Esser sind. Wobei wir keineswegs irgendeine Fertigmischung nehmen. Einer von uns ist der Profi-Müsli-Mischer. Da kommen außer den Haferflocken und den Corn-Flakes noch allerhand andere Körner (Dinkel, Hirse, Kürbis- und Sonnenblumenkerne) und Rosinen hinein. Die große Tupper-Dose mit Willis Spezialmischung muss regelmäßig neu befüllt werden.

Dafür werden jetzt gedeckt: zwei Suppenteller und eine Müsli-Schale (Aufschrift: „schön, dass es Dich gibt!“), die einer einmal geschenkt bekommen hat und nun verwendet. Damit ist aber die Vielfalt nicht zu Ende. Denn von den anderen dreien bevorzugt einer, der ein „begeisterter Frühstücker“ ist, einen großen flachen Teller, während die anderen beiden normale Frühstücksteller verwenden. Bei den Tassen gibt es wiederum Unterschiede. Zur speziellen Müsli-Schale gehört die große Tasse mit der identischen Aufschrift. Ein anderer hat zum 70. Geburtstag eine Tasse bekommen, die er gerne benützt, obwohl die Spülmaschine inzwischen die Aufschrift („Zum 70. Geburtstag“) getilgt hat. Noch ein dritter bevorzugt eine große Tasse – er ist der einzige Teetrinker beim Frühstück, die anderen bevorzugen Kaffee. Also drei kleine, normale Kaffeetassen.

Die Gehirnanstrengung beim Tisch-Decken geht allerdings noch weiter. Denn an Sonn- und Feiertagen wird ein anderes Geschirr als an normalen Werktagen verwendet. Und für die allerhöchsten Feste gibt es dann noch einmal ein anderes. Okay, ist schon beinahe dekadent, ja!
Auch beim Besteck gibt es Varianten... Einer hat sogar von einer früheren Stelle eines mit seinen Initialen.

Außerdem wechsle ich an Sonn- und Feiertagen von der Müsli- zur Brotfraktion. Und selbst dieses Detail wird bedacht, diese Herausforderung im Normalfall beim Tisch-Decken gemeistert. Wobei ich selbst oft mit dabei bin und mich freue, die individuellen Vorlieben der Mitbrüder zu berücksichtigen. Einer bekommt z.B. am Sonntag einen Eierbecher an seinen Platz, weil er dann gerne ein (rohes!) Ei isst.

An Weihnachten haben wir mehrere Gläser Honig geschenkt bekommen, was uns sehr freut, denn der Bedarf ist groß. Einer nimmt Honig in den Kaffee, der andere in den Tee, der nächste aufs Brot und ich ins Müsli.

Und so sitzen dann die Brüder, mehr oder weniger gesprächig, auf jeden Fall sehr individuell, beim gemeinsamen Frühstück!

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