Mittwoch, 15. November 2017

Narzissmus?

Das Abendessen war sehr fein! Zwar kam ich erst zum Essen, nicht schon zum Kochen, zu dem ich auch eingeladen gewesen wäre. Wobei das in diesem Fall tatsächlich an terminlichen Gründen lag. Während wir uns das Essen schmecken ließen, und nachher weiter, redeten wir über Gott und die Welt.
Dabei ging es unter anderem um einen Autor, der ein paar Tage zuvor in der nahe gelegenen Stadt einen Vortrag gehalten hatte. Und eine aus unserer Runde, von Beruf Fachärztin für Psychiatrie, meinte: „ein wenig Narzisst muss er wohl schon sein, wenn er meint, über seine Erfahrungen ein Buch schreiben zu müssen!“ Diese Äußerung ließ uns nachdenken. Wie das so ist mit dem Bücher schreiben und dem Narzissmus... Ist dann etwa der andere, der so viele Bücher schreibt, auch ein Narzisst? Vielleicht sogar ein noch größerer, weil er ja noch viel mehr Bücher geschrieben hat?
„Wenn einer so davon überzeugt ist, seine Erfahrungen etc. in der Welt verbreiten zu müssen...“ meinte die Psychiaterin.

Worauf mir ein wenig heiß wurde: wie ist das denn dann mit meinem Blog? Bin ich auch ein Narzisst? Wie meinte vor kurzem ein Mitbruder, der einen Post gelesen hatte: „wen interessiert das denn?“ Bin ich da in eine Falle getappt?

Wie fing es an? Das „Wie“ hat mit dem „Wo“ zu tun. Ich erinnere mich: ich war ein Jahr in Spanien und wollte der Bitte verschiedener Menschen nach kommen, von dort zu berichten. Was zum „BaM“ führte, zum „Bericht aus Madrid“, den Leute wie einen Newsletter bei mir bestellen konnten. Regelmäßig schrieb ich über meine Erlebnisse vor allem im Zusammenhang der Besuche bei Menschen in der Abschiebehaft.

Als ich wieder in den deutschen Sprachraum zurück gekehrt war – schneller, als ich gedacht und gewollt hatte, war mir an einer Fortsetzung des schriftlichen Kontakts mit den Lesern des „BaM“ gelegen. Auch wenn die Situation natürlich eine ganz andere war. Technisch wechselte ich vom Newsletter zum Blog. Um, ja, da kommt jetzt wohl doch der Narzissmus ins Spiel, um am eigenen Leben Anteil zu geben.

Ein wenig, jetzt kommt´s noch schlimmer, ist auch ein „missionarischer Gedanke“ damit verbunden. Manchmal versuche ich im eher säkularen Erzählen eine Botschaft zu verpacken. Nicht aufdringlich, sondern en passant. Was sehr oft nicht gelingt, ich weiß. Da bleibt es dann beim banalen Erzählen. Und ich fordere sicher die Geduld und das Wohlwollen meiner Leserinnen und Leser heraus. Deren Zahl überschaubar ist, im dreistelligen Bereich. Wobei ich weiß, dass ich auch Leserinnen und Leser habe, die das Geschriebene ausgedruckt bekommen, weil sie keine Internet-Nutzer/innen sind.

Manchmal ist mein Geschreibsel Auslöser für eine Reaktion und ich erfahre etwas aus dem Leben eines Lesers, einer Leserin. Was mich freut! Denn „Beziehungspflege“ ist nicht nur ein Nebeneffekt meines narzisstischen Schreibens. Leider ist es mir bisher technisch nicht gelungen, eine Kommentarfunktion zu aktivieren. Was mich wiederum davon befreit, täglich Kommentare sichten zu müssen.

Das Ganze hat wohl auch mit dem zu tun, was mein großer Kollege aus früheren Jahren, Paulus, in einem Brief an die Gemeinde in Thessalonich geschrieben hat. Wir „wollten euch nicht nur am Evangelium Gottes teilhaben lassen, sondern auch an unserem eigenen Leben“ (1 Thess 2,8).

Zum Schluss: diejenigen, die sich wundern, woher ich die Zeit nehme, kann ich beruhigen. Im Normalfall ist so ein Post sehr schnell geschrieben (merkt man ja auch dem Stil an!), wenn erst einmal die Idee da ist. Und die kommt nebenbei, wächst aus dem Alltag heraus, ohne dass ich mich extra zum Überlegen hin setzen müsste. Also: viel Freude oder viel Geduld beim Lesen wünsche ich!

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