Montag, 3. Juli 2017

Predigt bei der Sternwallfahrt am Vorabend des Kostbar-Blut-Festes 30.6.17 Maria Baumgärtle (Eph 2,13-20*Lk 22,14-20)

Liebe Brüder und Schwestern,

ehrlich gesagt, frage ich mich manchmal, was Euch und Sie bewegt, an diesem Abend hierher zu kommen. Wenn zu unseren Maiandachten oder jetzt bald wieder zum Unterallgäuer Radlertag viele Menschen kommen, dann leuchtet mir das ein. Das ist ja schön, oder soll ich sagen: „anrührend, berührend“.

Aber das „Hochfest des Kostbaren Blutes“? Braucht´s da nicht einen starken Magen? Also gesetzt einmal den Fall, Ihr seid nicht nur wegen der guten Musik der Musikkapelle von Bedernau hier, oder weil es einfach in Maria Baumgärtle grundsätzlich schön ist. Das könnte ich ja auch verstehen.

Wir sind gerade dabei, unser Gebetbuch, das „Lob des Kostbaren Blutes“ zu überarbeiten. Bis Weihnachten hätten wir gern das neue, an dem wir schon eine ganze Zeit arbeiten, vor kurzem saß die Kommission wieder zwei Tage hier in Baumgärtle zusammen, im September werden es zwei Tage in Schellenberg sein. Und wir haben z.B. darüber diskutiert, eine Kostbar-Blut-Litanei eines amerikanischen Mitbruders in das Buch hinein zu nehmen, in der etwa auch von dem Blut die Rede ist, das – wörtlich - „auf den Straßen verspritzt wird“. Wir weichen doch eher zurück, wenn wir nicht gar in Ohnmacht fallen, wo wir dem Blut begegnen.

Und sind jetzt hier, um das „Hochfest des Kostbaren Blutes“ zu feiern. Mir hilft seit Jahren der Gedanke interessanterweise eines Nicht-Christen, um zu verstehen, worum es geht. Mahatma Gandhi, der große Mann der Gewaltfreiheit in Indien sagte bzw. schrieb einmal:

Alles, was von fundamentaler Bedeutung für ein Volk ist, lässt sich nicht durch die Vernunft allein erreichen. Es muss durch Leiden erkauft werden. Vielleicht müssen Ströme von Blut fließen, bis wir frei werden, aber dann muss es unser Blut sein, nicht das Blut der anderen. Leiden ist eine viel stärkere Macht als das Gesetz des Dschungels, denn es kann auch unsere Gegner wandeln.

Für mich ist das Hochfest des Kostbaren Blutes deswegen so wichtig, weil es mir sozusagen die „Rückseite der Liebe“ zeigt. Wir alle sehnen uns nach Liebe, danach verstanden, unterstützt, angenommen zu werden. Und je schlechter ich drauf bin, desto mehr bin ich darauf angewiesen.

Wie dankbar bin ich Menschen, die sich nicht zurück ziehen oder mich zurück weisen, wenn ich eine solche Phase durchlebe, wenn ich mich nicht von meiner Schokoladenseite zeige.
Und gleichzeitig erfahre ich, dass mir der Blick auf das Blut Jesu hilft, andere anzunehmen in all ihrer Widerborstigkeit und Schwäche.

Liebe ist nicht nur ein Gefühl und nicht nur eine Auswirkung davon, dass die „Chemie zwischen Menschen stimmt“ - das kann durchaus hilfreich dazu kommen. Ansonsten scheint mir Liebe eher mit engagiertem Einsatz verbunden, von „Herzblut“ reden wir manchmal.

Ich habe vielleicht schon einmal erzählt von dem Besuch buddhistischer Mönche in einem Haus katholischer Ordensleute in Italien, in dem ich auch einmal drei Monate gelebt habe. Einer der Mönche erzählte: „Ich stellte abends meine schmutzigen Schuhe vor die Tür, und am Morgen fand ich sie geputzt vor. Ich hängte mein schmutziges Gewand draußen an den Kleiderhaken, und am Morgen fand ich es gewaschen und gebügelt wieder. Meine Gastgeber wussten, dass ich als Südostasiat unter der Kälte litt. Da stellten sie die Heizung höher und gaben mir zusätzliche Decken... Eines Tages fragte ich: `Warum tut ihr das eigentlich?´- `Weil wir dich gern haben´, war die Antwort“. Diese Erfahrung hat den Weg zu einem echten Dialog zwischen Buddhisten und Christen eröffnet. Ich weiß, dass der buddhistische Mönch später auch erzählt hat, dass er das Kreuz verstanden habe. Was für einen Buddhisten eine, sagen wir es harmlos, ziemlich ungewöhnliche Sache ist. „Das ist die `Super-Liebe´“, so formulierte er es.

Das vergossene Blut als „Rückseite der Liebe“ oder als höchster Ausdruck der Liebe – das feiern wir am Hochfest des Kostbaren Blutes. In großer Dankbarkeit für die Liebe Gottes, die sich uns darin zeigt. Und als Anregung bzw. Herausforderung für unsere Beziehungen, die Art, wie wir miteinander umgehen.

Wie schnell verletzen wir einander, durch unsere Haltung und unsere Worte. Und wie heilsam sind Menschen, die sich für andere einsetzen, was mit dem Ertragen beginnt. Nicht „dein Blut vergießen“ durch meine Sticheleien und Hässlichkeiten, sondern „mein Blut vergießen“, indem ich auf dich eingehe und dich achte. So stiften wir Frieden in dem, der unser Friede ist, durch dessen Blut Nähe möglich wurde. AMEN