Gerade komme ich heim von einem Seminar
mit dem Titel „Berufungscoaching“. Von anderen Teilnehmerinnen
bekam ich ein paar nette Komplimente („du scheinst ganz in dir zu
ruhen“), die mich an Ähnliches erinnerten – offenbar mache ich
(komisch!) öfter solch einen Eindruck.
Klar erinnert man sich, wenigstens ich
mich, gerne an eine Person, die einem so etwas sagt. Eine alte Dame
im Altenheim St.Irmengard in Traunstein, wohin ich während meiner
Zeit in dieser Stadt mittags zum Essen ging, sagte mir
Vergleichbares. Meist betrat ich den Speisesaal, nachdem die Bewohner
des Hauses schon gegessen hatten und gegangen waren. Besagte alte
Dame saß aber oft noch dort und wartete darauf, abgeholt zu werden.
Sie war nämlich gestürzt und hatte
sich dabei das Handgelenk gebrochen. Das ließ für sie auch das
Gehen mit dem Rollator schwierig werden und so zog sie es vor, sich
von einer Angestellten des Heimes nach der Mahlzeit abholen und in
ihr Zimmer begleiten zu lassen. „Auf welche Weise haben Sie sich
denn Ihr Handgelenk gebrochen?“ fragte ich sie. „Ach wissen Sie,
ich kam gerade aus dem Bad, als eine Altenpflegerin zu mir ins Zimmer
kam, etwas schnell. Ich ging einen Schritt zurück, dabei stolperte
ich und da passierte es eben. Vielleicht wäre es nicht geschehen,
wenn die Pflegerin etwas langsamer gewesen wäre, aber die haben ja
auch so einen Stress, ich verstehe das ja“, so erklärte sie mir
lächelnd. Kein böses Wort, keine Vorwürfe jemandem gegenüber,
keine Klage, eher Verständnis für die Situation der anderen – ich
erlebte die alte Dame auch sonst immer aufgeräumt und zufrieden.
Wahrscheinlich stimmt das so mit ihrer Lebenseinstellung überein,
nicht nur mit meiner Körpergröße, dass Sie mir dann eines Tages
eben auch anvertraute: „wissen Sie, woran ich denken muss, wenn ich
Sie zur Türe herein kommen sehe? An den Fels in der Brandung“. Und
ich dachte: „wenn Du wüsstest, wie es in mir drinnen aussieht, wie
unsicher und wackelig dieser Fels oft ist...“
Ähnliches erlebte ich bei einer
älteren Dame in Salzburg, die gestürzt, auf Treppenstufen im
eigenen Mantel hängen geblieben war und sich dabei weh tat, aber
sich trotzdem mit einem geschwollenen und bläulich verfärbten
Finger auf den Weg in ein Konzert machte. Auch bei ihr gab es kein
Jammern, keine Schuldzuweisung an andere. Sondern sie freute sich
über die Musik und über ihre beiden Nachbarinnen im Konzert. Die
eine – wohl im Gesundheitsbereich tätig – entschied mit
fachlichem Blick, dass der Finger geschient gehöre und machte sich
wohl auch während des Konzertes bzw. in der Pause ans Werk, mit den
Materialien improvisierend, die sie in ihrer Handtasche dabei hatte.
Die andere Nachbarin überzeugte meine Bekannte mit Nachdruck und
Entschiedenheit, doch nach dem Konzert zur Untersuchung ins
Unfallkrankenhaus zu gehen und begleitete sie gleich dorthin. Bei den
Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Finger gebrochen war!
Später zeigte sich, dass eine Operation wohl nicht das gewünschte
Ergebnis gebracht hatte, zwei Metallstifte zwar wieder entfernt
werden, wobei der Finger doch nicht seine Beweglichkeit wieder
erlangen würde. „Nur gut, dass ich keine Klavierspielerin bin!“
kommentierte die Salzburger Bekannte lächelnd. Und ich kam mir mit
meinen „Problemen“ sehr klein und armselig vor...
Und ich höre nicht auf,
Lehrmeisterinnen des Lebens zu begegnen. In Schellenberg ist es
Sr.Josefa, die ich noch von früher als fleißige Frau kenne. Jetzt
muss sie dreimal in der Woche zur Dialyse, wonach sie zwar jeweils
kaputt ist, was sie aber nicht daran hindert, mit großer
Gelassenheit und Gottvertrauen zu leben. Zwischendurch erzählt sie
ihren Mitschwestern, was sie im Fernsehen gesehen hat, während sie
da in der Dialysestation lag, etwa: „heute war ein schöner
Tierfilm“. Manchmal gibt es sogar anlässlich einer Papstreise eine
Übertragung – eine besondere Freude für Sr.Josefa. Es kommt aber
natürlich auch vor, dass sie sagt: „heute kam ein Blödsinn, da
habe ich gar nicht hin gesehen“. Und jetzt freut sich Sr.Josefa,
dass in Schaan ein Dialyse-Institut öffnet und sie nicht mehr bis
Altstätten fahren muss...
In allem vorweihnachtlichen Trubel
wünsche ich adventliche Ruhe!
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