Samstag, 15. April 2017

Ostern

Beim letzten Mal habe ich von der Rückfahrt von Augsburg erzählt. Aber auch der Aufenthalt in der Stadt ist aus mehreren Gründen berichtenswert. Einen Grund wähle ich für heute aus.

Am Hauptbahnhof angekommen, schlenderten wir von dort aus in Richtung Königsplatz. Und da stand an einer Hausecke der Harlekin. Schon öfter hatte ich ihn dort stehen gesehen auf einem Plastikschemel in seinem gelb-blau-grün-roten Gewand mit der passenden Mütze. Während ich ihn immer nur freundlich gegrüßt hatte, zog Sr. Ewa diesmal ihre Geldbörse und warf ihm etwas in seine Blechbüchse. Der Harlekin bedankte sich, tief verbeugend und winkend. Wir waren schon weiter gegangen, drehten uns noch einmal um, und da machte er auch noch ein Kreuzzeichen – wohl im Hinblick auf Sr. Ewa und Sr. Tatiana, die beiden Ordensfrauen in Tracht.

Ein wenig weiter kam dann ein etwas verwahrlost aussehender, bärtiger Mann im dicken Mantel humpelnd auf uns zu und hielt uns seinen Becher bettelnd unter die Nase. Sr. Ewa fragte ihn, ob er etwas zu essen wolle. Nachdem sie die Frage zweimal wiederholt hatte, nickte der Mann und Sr. Ewa bat Sr. Tatiana, den von zu Hause mitgenommenen Reiseproviant auszupacken. Der Mann bekam ein belegtes Brot und etwas Obst und zog weiter.

Eine weitere Begegnung mit einem ähnlich aussehenden Zeitgenossen gab es, als wir mittags im Frühlingssonnenschein bei einer Pizza im Freien saßen. Der Mann – ähnlich gekleidet wie der vorher Beschriebene, aber etwas jünger – näherte sich uns mit seinem Becher und bat, ihm dort etwas hinein zu werfen. Und wiederum fragte Sr. Ewa, ob er denn etwas zu essen wolle, wobei sie gleich auf die Pizza auf dem Teller vor sich deutete. Als der Mann bejahte, machte sich Sr. Ewa ans Werk und schnitt ein großes Teil ihrer Pizza ab, um es dem Mann zu geben.

Hatte ich mich bisher immer gefragt, wie Papst Franziskus das meint, wenn er sagt, man solle einem Bettler nicht nur etwas in seine Bettelbüchse werfen, sondern ihn auch anschauen, ihn vielleicht sogar berühren, so hatte ich das an diesem Tag ganz praktisch erlebt. Wobei das bei Sr. Ewa einen ganz natürlichen Eindruck machte, nicht etwa „das gute Werk einer Ordensfrau“, sondern das Teilen unter Geschwistern. Wohltuend!
Vor kurzem hatte ich sie schon einmal so erfahren, als wir miteinander einkaufen waren und eine junge Frau, wohl eine Rom oder Sinti, uns dabei bat, den Fisch zu bezahlen, den sie gerade aus der Tiefkühltruhe genommen hatte. Sr. Ewa verhandelte etwas mit der jungen Frau, fragte, ob wir nicht etwas anderes, weniger Teures, bezahlen könnten. Aber die junge Frau blieb beim Fisch und schließlich gab Sr. Ewa nach. Vermutlich wäre ich allein nicht so großzügig gewesen, aber ich freute mich an Sr. Ewa.

Und ich bringe das mit Ostern in Verbindung, dem neuen Leben, das der Auferstandene vom himmlischen Vater geschenkt bekommt und weiter schenkt. Immer gibt er sein Leben...

Vielleicht ist das so wie mit der Pflanze in unserem Wohnzimmer. Neulich kam ich hinein und sie sah ganz armselig aus: die Blätter hingen welk nach unten, völlig matt und kraftlos. Schnell wurde mir klar: Ines hatte eine Woche Urlaub, Sr. Yvonne ist in Reha und durch meinen Krimi-Verzicht in der Fastenzeit kam ich auch tagelang nicht in dieses Zimmer. Also nahm ich schnell die Pflanze zum Waschbecken und versorgte sie kräftig mit Wasser. Nachdem ich das zweimal getan hatte. fingen die Blätter an, sich aufzurichten, fast zuschauen konnte man dabei. Neues Leben!
Frohe Ostern!

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