Gerade bin ich in Freilassing in den
Zug eingestiegen. Hedwig hatte mich dankenswerterweise mit dem Auto
von Salzburg hierher gebracht. Hatte es die vergangenen Tage in der
elektronischen Fahrplanauskunft der Bahn noch geheißen, der Meridian
würde ab Salzburg Hauptbahnhof fahren, so las ich heute Morgen mit
einem leichten Erschrecken: „Zug fährt erst ab Freilassing“.
Und am Bahnhof in Freilassing sah es
auch anders aus, als ich es gewohnt bin. Auf einem Bahngleis
Absperrgitter die halbe Bahngleislänge entlang. Direkt am
Bahnhofsgebäude drei Zelte, neben jedem ein Ofen. An verschiedenen
Stellen mobile ToiToi-Toiletten. An einem Gebäude dem Bahnhof
gegenüber Plakate „Freilassing hilft den Flüchtlingen“. Heute
aber kaum Menschen, ein paar Zugreisende. Und beim Einsteigen auch
zwei Polizisten, der eine streift sich noch schnell Lederhandschuhe
über.
„Wie schaffen wir das?“ -
vielleicht wäre es hilfreich zu sagen, dass das keine und keiner so
recht weiß. Und wir gleichzeitig nicht aufhören sollten, sehr
entschieden Menschen zu sehen. Und nicht zuerst Probleme. Die gibt es
auch, keine Frage!
Zum Beispiel Brandschutz-Vorschriften.
Nachdem wir selbst gerade dabei sind, ein altes Haus zu adaptieren,
bekomme ich ein wenig davon mit. Es fängt schon damit an, dass es
kaum möglich scheint, mit dem zuständigen Mann vom Brandschutz
einen Termin zu finden, weil er an verschiedenen Stellen gefordert
ist. Und zweifelsohne sind die Brandschutzvorschriften wichtig. Zu
viel ist in den letzten Jahren passiert. Wobei in den kommenden
Wochen ein Dilemma entstehen wird, wenn Flüchtlinge in Zelten
untergebracht sind, die nur mühsam oder gar nicht beheizt werden
können. Weil in leer stehenden Gebäuden die Brandschutzvorschriften
nicht erfüllt sind. Wie damit umgehen?
Mit der Änderung der Definition eines
„sicheren Herkunftslandes“ scheinen sich manche da leichter zu
tun und ändern notfalls einfach die Kriterien. Von jungen
Senegalesen weiß ich, dass sie – weil ja angeblich aus einem
„sicheren Herkunftland“ - abgeschoben werden sollen. Der eine hat
schon in seiner Heimat als Bäcker gearbeitet und ist zur Zeit in
einer bayrischen Bäckerei beschäftigt. Und sein Chef ist
begeistert. „Der kommt pünktlich am Morgen und er packt zu – man
merkt, dass er schon zu Hause als Bäcker gearbeitet hat“. Leider
ist noch nicht sicher, ob der junge Mann eine dauerhafte
Arbeitserlaubnis bekommen wird. Dabei ist er schon recht gut
integriert.
Apropos Vorschriften: eine ältere Dame
war von der Not der Flüchtenden angerührt und beschloss, ihre
Hilfe, konkret ihr Haus anzubieten, in welchem sie ganz alleine lebt.
Wieso sollte da nicht eine Familie einziehen können? Sie war
ziemlich traurig, als ihr Angebot bei der Behörde nicht angenommen
wurde. Grund: wenn, dann bräuchte es für die Familie eine eigene
Küche. Die eine vorhandene Küche gemeinsam zu nutzen geht nicht.
Und eine letzte, abenteuerliche
Geschichte, die zum genauen Hinsehen anregt, Hedwig hat sie auf dem
Weg zum Bahnhof erzählt. Ein Mann vom Waldbauernverband holte Holz
in Deutschland. Auf dem Rückweg hielt er bei einer Raststätte, um
einen Kaffee zu trinken. Vermutlich kletterte genau in dieser Zeit
ein Flüchtling auf seinen Anhänger, was der Fahrer nicht bemerkt
hatte. Erst an der Grenze, als der Flüchtling herunter sprang. Pech
für den Fahrer des Lastwagens: er bekommt jetzt Schwierigkeiten als
vermeintlicher Schleuser.
In den vergangenen Tagen überlegten
wir, wie wir als Ordensgemeinschaft dem Aufruf von Papst Franziskus
nachkommen könnten, Flüchtlinge bei uns aufzunehmen. Ich bin sehr
dankbar, dass in einem unserer Häuser über ein Projekt zur Aufnahme
unbegleiteter Minderjähriger verhandelt wird. In anderen Häusern
tun wir uns etwas schwerer, aber teilweise sind auch dort schon
Flüchtlinge gewesen.
Von Italien lese ich, dass von den
95.000 aufgenommenen Flüchtlingen 22.000 in kirchlichen
Einrichtungen untergebracht sind. Und auch hierzulande ist ja das
Engagement groß. Gott sei Dank!
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