Samstag, 15. Februar 2014

Albaner See

Da! Es raschelt geheimnisvoll. Und als ich hin sehe, zu der Stelle, wo ich das Rascheln gehört habe, da sehe ich noch ein paar Blätter des Rankenwerkes auf der Mauer zittern. Eine Eidechse hat sich wohl in Bewegung gesetzt, als mein Schatten auf die Stelle fiel, an der sie sich gesonnt hatte. Diese Szene gehört für mich zu Spaziergängen und Wanderungen im Süden dazu.
Diesmal war es Anfang Februar. Nach einem Ordensmännertreffen in Castel Gandolfo machte ich mich zu Fuß auf den Weg zum Bahnhof. Und bemerkte dort, dass der nächste Zug nach Rom erst in 1 ½ Stunden fährt. So lange wollte ich jetzt nicht am Bahnhof Castel Gandolfo stehen bleiben. Also marschierte ich hinunter zum Albaner See. Und scheuchte eben beim Vorbeigehen die Eidechse auf.

Schon in den Vortagen hatte ich immer wieder ein kleines gelbes Flugzeug über dem See bemerkt, auch an diesem Tag war es unterwegs. „Vigili del fuoco” war auf dem Flugzeug zu lesen - „Feuerwehr“. Und später am Bahnhof klärte mich ein Mitreisender auf, dass dieses Flugzeug am nahe gelegenen Flughafen Ciampino stationiert sei und hier wohl Übungsflüge mache: Wasser aus dem See entnehmen, um es zu eventuellen Brandorten hin zu transportieren. Das Wasser-Entnehmen sah ich leider nicht, wohl aber, wie sich der Wassertank des Flugzeugs über dem See wieder entleerte. Und dann drehte der Pilot eine weitere Runde über die bewaldeten Hänge, welche den See im Vulkankrater säumen.

Unten am See angekommen sah ich die Surfer, die ich ebenfalls schon in den Tagen zuvor von oben bewundert hatte. Wie sie sich vom Wind über den See treiben ließen. In schwarzen Neoprenanzügen gut gegen die Kälte des Windes und des Wassers geschützt. Eine ganze Reihe solcher Surfer war da am Freitag mittags unterwegs, beneidenswert...

Mir fiel eine Erzählung von Marie Luise Kaschnitz ein, deren Todestag sich in diesem Oktober zum 40. mal jährt. In „Der schwarze See“ beschreibt sie recht schaurig gruslige Ereignisse an diesem Albaner See, die in der Erzählung im seltsamen Kontrast zum fröhlichen Treiben der Ausflügler stehen. Letzteres erlebe ich auch heute, natürlich schon dem Februar entsprechend, nicht so, wie es einige Monate später sein wird.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees, von Castel Gandolfo aus gesehen, liegt der Monte Cavo, auf dessen Gipfel ein ganzer Wald von großen Antennen steht. Heute sieht man dies. In den vergangenen Tagen war der Gipfel oft in den Wolken. Ich erinnere mich daran, dass Gaspare del Bufalo, der Gründer meiner Ordensgemeinschaft, sich dorthin zurück gezogen haben soll, um die „Regel für die Studenten“ zu schreiben. Ja, ich gehe in einem Gebiet, das Gaspare sehr wohl vertraut war.

Zurück zum Bahnhof, ich möchte doch den Zug nach Rom erreichen. Weil es bergauf geht, ziehe ich mir Jacke und Pullover aus und gehe im Hemd, den Rucksack auf dem Rücken. Spätestens beim Bahnhof angekommen merke ich, dass meine Entscheidung richtig war, ich habe geschwitzt beim Heraufmarschieren und ziehe mir schnell die Jacke wieder an, um mich in den letzten Minuten des Wartens auf den Zug nicht zu erkälten. Denn allein der Blick auf die Orangen und Zitronen an den Bäumen, die ich aus dem Zugfenstern bei der Fahrt nach Rom sehe, reicht nicht als Vitaminzufuhr gegen eine heraufziehende Erkältung.

Keine Kommentare: