Montag, 31. Oktober 2011

Baumgärtle, Berufung und Bodenschätze

Die letzte Woche meines Aufenthaltes in Baumgärtle beginnt. Trotz einiger Dienste hatte ich Zeit zu spazieren, bzw. ich verband beides und ging z.B. zur Abendmesse nach Bedernau zu Fuß. Immer wieder stieß ich dabei auf seltsame Kabel, egal in welche Richtung ich marschierte. Ich weiß nicht, wie viele Kilometer orange Kabel da um Baumgärtle herum verlegt sind bzw. waren. Warum?

Es wird Öl bzw. Gas gesucht! Schon vor mehr als 20 Jahren ist hier in der Gegend Erdöl gefördert worden. Als sich das Verhältnis von Förderungskosten und Ölpreis nicht mehr rechnete ist die Sache damals abgebrochen, sind bestehende Fördereinrichtungen zurück gebaut worden. Die Zeiten ändern sich, Erdöl ist (wieder) kostbarer geworden. Und es wird wieder gesucht. Und zwar mit dem Vibroseismik – Verfahren. Die Kabel, die ich gesehen habe, verbinden Geophone, Mikrofone, die in die Erde hinein gesteckt werden. Dann fährt ein Vibrationsfahrzeug (Gewicht: 21 Tonnen) im Gelände herum, „erschüttert“ die Erde und die Geophone nehmen die von den Gesteinsschichten reflektierten Schwingungen auf und leiten sie an einen Messwagen weiter. Für die Experten entsteht dabei ein dreidimensionales Bild des Untergrundes, das offensichtlich Aufschlüsse über eventuelle Erdöl- bzw. Erdgasvorkommen ermöglichen soll. Wer sich noch näher interessiert, kann unter www.rheinpetroleum.de nachsehen.

Am 15.Oktober fand die Wallfahrt um geistliche Berufe des Päpstlichen Werks für geistliche Berufe in der Diözese Augsburg nach Baumgärtle statt. Von verschiedenen Seiten näherten sich Gruppen dem kleinen Wallfahrtsort. Ich begleitete ein paar Leute von Bedernau her. Wir gingen natürlich an besagten Kabeln vorbei und sogar an einer abgesperrten Fläche, wo schon einmal zur Probe gebohrt worden war. Dort blieb ich mit den Leuten stehen und las die für die Wallfahrt vorgesehene Bibelstelle aus dem Johannesevangelium, die Berufung der ersten Jünger (Joh 1,35-42). Jesus stellt den beiden, die ihm nachgehen, die Frage: „Was sucht ihr?“ (In der Einheitsübersetzung „was wollt ihr?“) Das ist nach dem Johannesevangelium das erste Wort im Mund Jesu überhaupt. Jesus stellt dem Menschen eine Frage, er fragt ihn, was er sucht. Jesus ist daran interessiert, was der Mensch will.

Auch im Matthäusevangelium lesen wir zwei Gleichnisse vom Suchen: den im Acker verborgenen Schatz und die kostbare Perle (Mt 13,44-46). Und Psalmenbeterinnen und -beter beten immer wieder: „Gott, mein Gott, dich suche ich“ (Ps 63,1).

Am Ölbohrfeld wurde etwas deutlich davon, dass der Erfolg des Findens mit der Klarheit des Gesuchten zusammen hängt. Wie soll ich etwas finden, wenn ich gar nicht weiß, wonach ich suche?
Welche Suchmethoden sollte ich anwenden? Die Sache wäre ziemlich aussichts- und vermutlich auch ergebnislos.

Um Baumgärtle herum, im Raum Mindelheim, geht es um fossile Brennstoffe, Energieträger. Suchen Menschen für ihr Leben nicht auch „Energie“? Dass da etwas in ihnen „brennt“? Ich wünsche denen auf der Suche nach Leben, dass sie empfindlich sind für die reflektierten Schwingungen. Die je nach Gesteinsart verschieden sind und Aufschluss darüber geben, wo eine Lagerstätte sein könnte und wo es sich zu bohren lohnt. Es ist also gut, den Boden unter den Füßen zu spüren und achtsam – „barfuß im Herzen“ - zu gehen...