Montag, 15. April 2024

Volontariat (1)

Um nicht nur vorwiegend am Schreibtisch zu sitzen, war ich schon länger auf der Suche nach einer Form freiwilligen Engagements. Vielleicht auch mit Papst Franziskus im Hinterkopf, dass „jede/r wenigstens eine/n Arme/n zum Freund, zur Freundin haben sollte“.

So war ich sehr froh, als vor gut zwei Jahren eine Organisation namens „Slaves no more“ in Zusammenarbeit mit der Diözese Rom Ordensleute einlud, die sich einen Besuchsdienst im CPR (Centro di permanenza per il rimpatrio; früher hieß diese Einrichtung CIE, Centro di Identificazione ed espulsione) Ponte Galeria vorstellen könnten. In diesem etwas außerhalb der Stadt (Richtung Flughafen Fiumicino liegenden) Abschiebehaftzentrum gab es vor der Corona-Pandemie einen Besuchsdienst von (Ordens-)Frauen bei den dort festgehaltenen Frauen. Nach der Pandemie sollte diese Initiative wieder aufgenommen und auch auf den Männerbereich ausgedehnt werden. Allerdings blieb es bei dieser Besprechung vor zwei Jahren – es gab danach nie eine Erlaubnis zum Betreten des Zentrums, offensichtlich ist der politische Widerstand zu groß. Als sich Anfang Februar im Zentrum ein junger Afrikaner das Leben nahm, war das CPR Ponte Galeria kurz in den Medien, weil es eine Art Revolte einiger der dort festgehaltenen Personen gab, die unter anderem Matratzen und ein Polizeiauto in Brand steckten. Aber inzwischen herrscht wieder Schweigen.

Vor ca. 15 Jahren hatte ich in Madrid regelmäßig Menschen im dortigen CIE (dort bedeutet die Abkürzung Centro de internamiento de extranjeros) besucht. Obwohl uns Besucher*innen der Zugang schwer gemacht wurde, wurde uns immerhin Einlass gewährt. In Spanien ist vor einem Jahr ein Themenheft mit dem Titel: „Los CIE: instrumentos de sufrimiento inútil“ (Die CIE: Instrumente unnötigen Leidens) veröffentlicht worden. Tatsächlich habe ich das Madrider Zentrum ebenso in Erinnerung: es gleicht einem Gefängnis, aber im Gegensatz zum Gefängnis fehlen den dort festgehaltenen Menschen Dinge, welche Gefangenen im Gefängnis zugestanden werden, z.B. Freizeit-, Arbeits-, Fortbildungsmöglichkeiten oder auch „religiöse Betreuung“.

Ich hatte zwischendurch noch zweimal bei „Slaves no more“ nachgehakt. Beim ersten Mal bekam ich eine Antwort mit dem Hinweis auf schwierige politische Verhandlungen, beim zweiten Mal kam nicht einmal mehr eine Antwort. Dafür Ostergrüße via Mail. Wobei ich bei der Besprechung vor zwei Jahren einen guten Eindruck von den Engagierten hatte. Es scheint tatsächlich politisch zu „haken“.

Nach dem Suizid des jungen Afrikaners Anfang Februar kam mir die Idee, ob nicht wenigstens vor dem CPR gebetet werden könnte. In Madrid hatten wir seinerzeit einen Kreuzweg vor dem CIE gebetet, natürlich unter Polizeiaufsicht, aber das könnte ja auch hier so geschehen. So begann ich mich auf die Suche nach Mitstreitern bzw. -betern zu machen.

Dabei wurde mir klar, dass auch Organisationen, die sich sehr wohl für Geflüchtete einsetzen, das CPR nicht (mehr) auf dem Schirm haben. Im Centro Astalli etwa, dem italienischen Zweig des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes sagte mir jemand am Telefon, sie hätten vor fünf Jahren zum letzten Mal einen Kontakt mit dieser Einrichtung gehabt.

Auch im Telefonat mit einem Priester der Diözese, zu der Ponte Galeria gehört, ergab sich nichts Hilfreiches.

Dann gibt es unter den Ordenskurienmitarbeitern solche, die sich in Gruppen unter der Thematik „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ zusammenfinden. Aber die hatten schon einen Kreuzweg geplant und so wurde aus meiner Idee des Kreuzwegs beim CPR zunächst einmal nichts.

Ich werde versuchen, weiterhin aufmerksam zu bleiben und die Menschen in mein Gebet hineinnehmen…

 

 

Sonntag, 31. März 2024

auf Ostern zu...

Montag in der Karwoche. In der Lateranbasilika findet ein geistliches Konzert statt: Josef Haydn, Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz. Fabio Rosini, der zu jedem der Worte einen kleinen Impuls gibt, vermutet, dass dieses Werk zum ersten Mal in der Lateranbasilika aufgeführt wird. Die Kirche ist brechend voll, die im Mittelschiff aufgestellten Stühle reichen bei weitem nicht, ich schätze, dass mindestens 200 Menschen an den Seiten stehen. Mir gefällt Rosinis Stil: er ist Bibelexperte, weist schon einmal auf eine Verbform im griechischen Urtext hin, ist aber gleichzeitig in seiner Sprach- und Bildwelt ganz nahe bei heutigen Menschen. Und das in Verbindung mit wunderbarer Musik von Chor (mit guten Solist/inn/en) und Streichorchester.

Auch bei einem anderen Angebot während der Fastenzeit war Rosini beteiligt. Jeweils am Mittwoch in den Wochen der österlichen Bußzeit hielt Franco Nembrini einen Vortrag zu – Pinocchio. Eine geistliche Lektüre Pinocchios! Nembrini ist von Haus aus Pädagoge und ein qualifizierter Vermittler von Literatur. (Bereits in den vergangenen Jahren gab es solche Vortragsreihen mit ihm während der Fastenzeit, z.B. einmal zu Dante, ein anderes Mal zu Leopardi.) Die Abende liefen jeweils gleich ab. Fabio Rosini führte kurz ein, danach hielt Nembrini seinen Vortrag, spannend und rhetorisch brillant, und den Abschluss machte Kardinal Angelo De Donatis, für die Diözese Rom zuständiger Kardinalvikar. (Er hat Papst Franziskus auch beim diesjährigen Kreuzweg am Kolosseum vertreten). Der Kardinal sagte ein paar Worte und betete dann einen zum von Nembrini behandelten Thema passenden Psalm.

Diese Abende wurden auf dem YouTube-Kanal der Diözese Rom und auch von Telepace, einem katholischen Fernsehsender übertragen (dort habe ich sie angesehen) und sind noch in der Mediathek abrufbar.

Am Dienstag in der Karwoche luden die Diözese Rom und die Gemeinschaft Sant’Egidio in die Basilika San Bartolomeo auf der römischen Tiberinsel ein, um der Märtyrer unserer Tage, konkret der vergangenen Jahre zu gedenken. Stühle standen auch in der Vorhalle und auf dem Platz vor der Kirche. Viele Namen neuerer Märtyrer wurden genannt: von solchen, die in Europa ihr Leben für das Evangelium gaben, im Mittleren Osten und in Asien, in Amerika und in Afrika. Immer wieder sangen wir Kyrie eleison nach einem oder mehreren Namen. Und natürlich wurde die Erinnerung an die Märtyrer auch mit dem Gebet um den Frieden verbunden.

Am Gründonnerstag hatte ich mich entschieden, zur Chrisammesse in den Petersdom zu gehen, dort hatte ich diese bisher noch nicht mitgefeiert. In dieser Messe werden nicht nur die heiligen Öle, das Katechumenen- und das Krankenöl, sowie das Chrisam geweiht, sondern die anwesenden Priester erneuern auch ihr bei der Priesterweihe gegebenes Versprechen. Es war durchaus beeindruckend, dies in einer Gemeinschaft von geschätzten 1800 Priestern aus aller Welt zu tun. Und einmal mehr fesselte mich die Predigt von Papst Franziskus in ihrer Eindringlichkeit, aber auch in ihrer sprachlichen Schönheit.

Dafür ging es in den kommenden Tagen schlichter zu und mit weniger Menschen: in der kleinen Kapelle der Klarissen feierte ich die Gottesdienste mit und war am Karfreitag und Karsamstag zum Morgenlob bei den Franziskanerinnen, ein paar Meter davon entfernt.

Ostersonntag dagegen wieder auf dem Petersplatz. Der Schweizer Gardist, der mir die Eintrittskarten gab, empfahl, rechtzeitig da zu sein, da sehr viele Menschen erwartet werden…